1103/11: Positionen: Guttenberg, Netzethik, Beleidigung im Netz und der Versuch, sich zu konzentrieren

Biertischzettel mit Meinung

Biertischzettel mit Meinung

Jeder hat eine Meinung, seine. Oder er hat keine. Viele Leute haben zu alles eine Meinung, manche zu nichts. Meine Meinung ist: Der von und zu Guttenberg ist als deutscher Verteidigungsminister  jetzt Angriffen ausgesetzt: sich derer zu erwehren, dürfte kein Problem sein – als Verteidigungsminister! Hallo, geht’s noch? Jeder schreibt irgendwo ab. Wo ist das Problem?

Der SPIEGEL hat einen Stern-Titel als Satire entworfen, der „die Abschreibungsbranche“ kenntnisreich aufmüpft, beschreibt, entlarvt und erkennbar macht.

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Quelle: Spiegel Online vom 17.02.11

Quelle: Spiegel Online vom 17.02.11

Banner FotocreditsSpiegel Online, 17.02.11 (Quelle: Homepage)

Der Stern schreibt vom SPIEGEL ab, und umgekehrt. Jeder schreibt von jedem ab. Nur die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Hoffnung auf „orginal content“, unverwechselbare Einzigartigkeit, nobody´s copyright und überhaupt:

Vieles von dem, was heute im Netz kursiert, ist morgen schon vergessen. Alles ist schnelllebig geworden. Multimedial entstehen Nachrichten und es gibt -Gott sei Dank- keine irgendwie geartete Zensur nach dem Motto: Das ist jetzt so wichtig auch wieder nicht! Infolgedessen ist die Nachrichtenlage zu Konflikten in einigen arabischen Staaten eigentlich wichtiger, als die gezielte Versuchung, den Freiherrn von und zu Guttenberg zu unterminieren. Das gelang interessierten Moralwedlern bislang nicht, wenn es um die Amtsführung geht, also inhaltlich. Nun suchen die Interessenten einer Guttenbergschen Gesamtdemontage eben im Dissertations-Dickicht. Er hat also abgeschrieben: na und? Ich auch, z.B. das hier:

Die Kernfrage ist, ob zu Guttenbergs Arbeit als Dissertation eine wesentliche, wissenschaftlich nachhaltige Aufarbeitung des Dissertationsthemas enthält oder ob sie keine eigenen Gedanken und Anstrengungen im normativen Denken enthält? Die Kernfrage ist nicht, ob zu Guttenberg die Stimmen Dritter benützt hat. Das macht heute jeder, denn niemand kann noch etwas grundlegend Neues hervorbringen. Das gilt für die Musik ebenso, wie für die Wissenschaften, für die Kultur, die Mode, die Politik und auch für Dissertationen. Natürlich nicht.  Bahnbrechendes steht heutzutage kaum noch in irgendeiner Doktorarbeit. Die bahnbrechenden Erkenntnisse wissenschaftlicher Betätigung sind alle schon gemacht, weitere werden eher die Ausnahme von der Regel sein. Also Schluss mit der Aufregung. Es ist ein Zweckthema, um den Mann zu demontieren.

Das schrieb ich direkt ab und rotzte es dahin, ergossen aus meinen eigenen Schlussfolgerungen, ich sollte vielleicht ein Copyright druntersetzen? Sonst wird´s am Ende als Plagiat verwurstet, demnächst von einem Brandstifter, der vor einem deutschen Gericht zu erklären versucht, warum er nicht genug eigenen Gehirnschmalz unterm schütter werdenden Scheitel hatte? Man kann nie wissen.

ebay-Schnäppchen: Tastaturlayout zu Guttenberg

ebay-Schnäppchen: Tastaturlayout zu Guttenberg

Nur noch kurze Zeit aktuell: Bei ebay versteigert Verkäufer Wellera (100% positive Bewertungen derzeit! Noch!) –> Sie bieten auf eine, unter arbeitsergonomischen Gesichtspunkten optimierte, Tastatur mit dem sogenannten „Guttenberg Tastaturlayout“. So ist ein angenehmes und entspanntes Arbeiten an z.B. Dissertationen mit nur zwei Fingern möglich – geübte Autoren meistern hiermit sogar einhändiges plagiieren. (Link nur kurze Zeit hier)

„Kein Suchergebnis für Anstand“, raue Sitten im Netz, Beleidigung, Niveaulosigkeiten, all das findet das FAZ-Blog hier. Die Verrohung der Sitten führt allerdings auch kaum zu einem befriedigenden Ergebnis, die FAZ sagt abschließend:

Wer eine Debatte ohne Austausch, ohne Unterlass und mit den stetig gleichen Argumenten versucht in eine bestimmte Richtung zu drängen, gilt im Internet als Troll. Und während fernab der Politik die spannenden Partizipationslinien im Netz offengelegt und ausgeschöpft werden, sorgt sich eine kleine Gruppe verschnupfter Offliner um eine kleine Gruppe keifender Onliner. Diese als Grundgesamtheit der Netznutzer zu nehmen, um daraus ein Verständnis der digitalen Gesellschaft und Handlungsempfehlungen für diese abzuleiten, entspricht wohl kaum den Anforderungen politischer und wissenschaftlicher Ethik. (Theresa Maria Bücker, FAZ-Blog, Link oben)

Eindeutiger ist da schon Sascha Lobo: Er fordert eine Beleidigungskultur im Internet, hier. Er sagt u.a.:

Mit dem Internet ist ein Kommunikationsraum entstanden, der mündliche Spontaneität mit schriftlicher Dauerhaftigkeit verbindet. Ins Internet übertragen wäre jedes zweite Gespräch in bundesdeutschen Firmenteeküchen rechtlich problematisch. Normale Unterhaltungen sind voll von Beleidigungen, ungerechten Unterstellungen bis hin zur Verleumdung, Schmähkritiken und übler Nachrede: ein bunter Blumenstrauß von Verletzungen verschiedenster Persönlichkeitsrechte. Ist es nicht bigott, dass eine alltägliche Unterhaltung strafbar wird, wenn sie im Netz stattfindet, weil in der digitalen Sphäre die Grenzen zwischen privater und öffentlicher Kommunikation nicht mehr trennscharf zu ziehen sind. (Sascha Lobo, Spiegel Online 16.02.11, Link oben)

Dann bedeutet das auch, dass Verteidigungsminister von und zu Guttenberg kein Recht auf vorläufige Ruhe hat, etwa um die Ergebnisse einer nochmaligen Überprüfung seiner Dissertation abzuwarten. Nein, der Angriff auf ihn findet jetzt schon statt und daran wird auch nichts ändern, wenn er seinen Doktortitel vorläufig ruhen lässt. Sascha Lobo findet, dass die Forderung nach digitaler Höflichkeit nervt. Er fragt:

Wieso nimmt der Befindlichkeitsbürger für sich in Anspruch, Politiker straffrei als Idioten bezeichnen zu können, aber strengt eine Beleidigungsklage an, wenn man ihn so nennt? …Aber eine Firma als Arschgeigen zu bezeichnen, kann in einer Zeit, in der Dieter Bohlen im Fernsehen Minderjährige demütigt, einfach keine Straftat sein….. (Sascha Lobo, Spiegel, Link oben)

Ganz genau, das ist ein Widerspruch!  Allerdings muss ich hier aufpassen: Zu leicht könnte dieser Text letztlich als Plagiat entlarvt werden, wenn man die dargestellten Zitate in die Google-Suchmaschine eingibt: Sie stammen nicht von mir.

3 Gedanken zu „1103/11: Positionen: Guttenberg, Netzethik, Beleidigung im Netz und der Versuch, sich zu konzentrieren

  1. Pingback: 1105/11: Linktipp: Wir schreiben nicht ab, deswegen verlinken wir #Welt #Guttenberg

  2. Pingback: 1106/11: Twitter Wochenschau: 2011-02-20

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