1005/10: Gewalt im Alltag: Der abgeschlossene Kurzroman, präsentiert von gesichtspunkte.de #Rettet den Alltag

 

Gewalt im Alltag: Der Zahnarzt

Sag mal, du bist wohl Wäscheträger, wie? Wieso? Na, zieh Leine! …Dialogversuch von zwei Autofahrern, männlich, ortstypisch. Andere Situation: „Das war jetzt aber unklug, sich mit mir anzulegen“, sagte der Geistliche, als er dem anderen Autofahrer die vorderen zwei Schneidezähne ausschlug, „ich bin biblisch unterwiesen! Auge um Auge, Zahn um Zahn, gib mir schon mal deine!“

Es war einmal... (Moderne Märchen)

Ja, liebe Leser! Jeder kennt doch diese oft vorgekommene Situation! Du fährst mit dem Auto über die äußerst belebte Hauptstraße quer drüber.

_seitentrenner Flugzeug


Otto Waalkes – Der menschliche Körper (via Youtube)

In der Mitte der durch einen Mittel-Grünstreifen getrennten jeweils zweispurigen Hin- und Rückfahrstraße  ist noch so eine Art Verkehrsinsel angelegt. Du fährst bis zur Mitte, denn die von links kommende Magistrale ist frei. Bis zur von rechts kommenden Magistrale, die sehr befahren ist. Regen, etwas dunstig, schlechte Sicht. Du willst nach links abbiegen, schaust nach rechts auf den vorbeifließenden Verkehr. Du musst sehr aufpassen, der Blinker sitzt! Plötzlich kommt von hinten rechts auf demselben Weg, den du gerade hinter dir hast, so ein schnittiger, junger Sportwagenfahrer, ca. vierzig Jahre oder ein paar Jahre älter. Damit er nicht in die von links kommende Magistrale mit der gesamten Fahrzeuglänge rein ragt, fährt er einfach rechts an dir vorbei und hält den Wagen an. Er nimmt Rücksicht auf die von links kommenden Autofahrer, die sein schickes Auto nicht beschädigen sollen. Du denkst, du wirst verrückt, du kannst nichts mehr sehen, er steht einfach da, so herrlich, wie er ist. Von Herr lässt sich eben nur „herrlich“ ableiten, wäre er eine Dame, doch lassen wir das.

Von rechts poked der Verkehr ohne Unterlass. Nun kannst du selbst gar nichts mehr machen. Du bist in der Situation gefangen. Der Dämlack rechts drauf gefahren, hat dir die gesamte Sicht auf die von rechts heran tröpfelnde Blechlawine genommen. Er schaut jetzt seit mindestens einer Minute immer nur nach rechts. Er nimmt mich gar nicht wahr. Die Zeit, als er mich noch wahrgenommen hat, ist abgelaufen. Jetzt ignoriert er mich. Er ignoriert auch meinen Blick. Der wird jetzt immer wütender. Nach einer längeren Zeit von mehr als eineinhalb Minuten, in denen ich regungslos verharre und mein Puls vor Wut rast, ist der Herr einmal gnädig und versucht es mit Kommunikation. Nun schaut er durch die verregnete Scheibe seines schicken Sportwagens direkt in mein Gesicht. Mit forschem Gesichtsausdruck deutet er wild gestikulierend an, ich hätte längst los sollen! Mir fällt jetzt gar nichts mehr ein. Es scheint so, als wolle er die Verantwortung für mein künftiges Leben und für all die vermiedenen Unfälle meiner Dekaden währenden Unfallfreiheit übernehmen. Innerlich bin ich ausgebrannt, mir fällt nichts besseres ein, als einfach nur deutlich zum Zeichen meiner fehlenden Verständnisbereitschaft mit dem Kopf zu schütteln, aber nicht von oben nach unten, sondern von links nach rechts. Im europäischen Sprachraum so viel wie „Nein, nein, nein, ich kann über so viel Ignoranz nur den Kopf schütteln“ oder „Ich bin soeben vom Glauben abgefallen“. Wenigstens hat er jetzt gemerkt, was für ein Arschloch er ist. Er zuckt zusammen, oder ist es mein böser, grimmiger Gesichtsausdruck? Die Idee von ihm, schon mal Gas zu geben und sich an mir vorbei vorzudrängeln beim Linksabbiegen, führt er nicht fort. Er hält jetzt inne! Er weiß ganz genau, er hat sich einfach komplett daneben benommen.

Erst als ich meinen Morgenweg beendet habe, nach einer ganzen Weile, ich bin fast wieder am Ausgangsort meiner morgendlichen Fahrt, schießt mir die Idee durch den Kopf, einen in sich abgeschlossenen Kurzroman zu verfassen, der meine Wut und meine Aggressionen in Worte fasst. Einfacher als mit dem Bild eines traumatischen Berufs -Zahnarzt- lässt sich meine unverhüllte Aggression gegen diese Art Verkehrsrowdys nicht in zutreffende, kurze und bildartige Worte fassen. Diese Situation -dieselbe, nein, die gleiche Situation- passiert mir an dieser Ecke immer wieder. Von hinten fahren Drängler auf, die als zweites kommen und als erstes weiterfahren wollen, morgens auf ihrem nassforschen Weg zur Arbeit, zum Beruf.

Immer wenn mir solche rücksichtslosen Dichtauffahrer und Sichtwegnehmer so eng auf meinen Schiederpelz rücken, habe ich ausgiebige Gewaltfantasien und ich werde in meinem Kopfkino zum Berufewechsler, á la Robert Lemke, der fragte: ‚Welches Schweinderl hätten´s denn gern?‘ – Antwort Otto Waalkes: „Das mit der Brille.“ – Frage Robert Lemke: „Machen sie eine typische Handbewegung!“

Das wäre mein Moment.

Als Linksausleger zöge ich den ganzen rechten Arm zum Körper, Kleinhirn an Faust „Ballen“, die Faust ballt sich und „Kleinhirn an Faust“: „Fertigmachen zur Spontanoperation und zuschlagen, wir sind Zahnarzt“. In diesem Moment bin ich, sind wir zwei Öltanks, bloggender Verwalter und spontanoperierender Zahnarzt. Morgens früh um 8 Uhr würde meine Praxis bereits prosperieren und ich würde immer „in die Fresse rein“, diesen rücksichtslosen Koyoten…..grrrrrrr!

Bitte nicht durcheinander geraten:

Der abgeschlossene Kurzroman befindet sich ausschließlich in der komplett fiktiven Gebrauchsgrafik am Anfang dieses Artikels. Als download steht die Gebrauchsgrafik kostenlos zur weiteren Verwendung zur Verfügung. Wer es schafft, sie virtuell hinter den Spiegel zu klemmen, gilt schon als Gewinner. Alles andere ist streng sachlich, nüchtern und aus der Sicht eines ganz gewöhnlichen Alltagsverwalters beschrieben, die Sicht der Dinge, die ganz gewöhnliche Menschen eben hegen und pflegen, wenn sie gern „betreut“ wohnen: reif für die Anstalt?

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