930/10: Alltag: Von Telefonanrufern, Anrufbeantwortern und verpassten Rückrufgelegenheiten #Lied des Tages

Gute Kommunikation? Telefon

Gute Kommunikation? Telefon

Das Telefon macht einen Großteil unserer täglichen Praxis aus. Wie auch beispielsweise diese Anrufe.

Herr Kurze (* Name geändert), Verwaltungsbeirat, Berlin-Steglitz, Ortsteil Lankwitz, ruft von unterwegs nach Potsdam aus dem Auto per Handy zurück. Das ist die Mobilitätsgarantie. Ich hatte ihn darum gebeten. Er hat schon fünfmal heute angerufen, sehe ich in der Anrufliste. Jetzt, beim sechsten Mal, kommt er wieder nicht zum Ziel. Denn ich telefoniere „auf der anderen“ Leitung. Ich bin erst seit 9 Uhr morgens im Büro, es ist 09:10 Uhr. Ragga dang, rrrinng, das Telefon klingelt und klingelt, sie haben sich heute Morgen alle gegen mich verschworen.

_seitentrenner Flugzeug

 

When I am sixty four (Animation) (Beatles) – via Youtube

Der, der mit mir spricht, ist flüssiger als flüssig, überflüssig. Es ist ein Handwerker, dessen genauen Name ich nicht kenne und dem ich nie Veranlassung gegeben hatte, mich anzurufen. Er leitet bereits sein Anliegen äußerst ungeschickt ein, weil ich sowieso gerade gereizt bin. Er mache da für Herrn Soundso (unser Kunde, auch dessen Name geändert) die Badsanierung und habe den Eindruck, wir hätten sein Angebot nicht richtig verstanden, das er Herrn Soundso unterbreitet hat und das -etwas lückenhaft- die Mitsanierung des Gemeinschaftsstranges beinhaltet. Da werde ich aber gleich fuchsig. Doch, doch, wende ich ein, um den Redefluss meines Anrufers mal kurz außer Kraft zu setzen. Doch, das hätte ich sehr wohl verstanden. Allerdings sei das Angebot auch lückenhaft, beinhalte eben gerade nicht die angefragten Arbeiten, die im Übrigen Herr Soundso angefragt hätte und außerdem würde ich gern wissen, warum er mich noch anrufe? Schließlich sei ich nicht sein Vertragspartner? Ich habe noch im Hinterkopf, dass mich jetzt für jede verwaltete Einheit bis zu vier verschiedene Menschen anrufen, mit denen ich eigentlich nur hinsichtlich einer Person wirklich zu tun habe: der Wohnungseigentümer ist Kunde, und Kunde ist bekanntlich König.

Aber ist auch sein Mieter, den wir nicht verwalten, ein König Kunde? Oder der sonnenbebrillte Makler mit schickem Sportwagen, der die leer stehende Wohnung verkaufen will und sich günstig und sympathisch darstellt? Ach ja, und der Klempner des Herrn, der gerade beabsichtigt, sein Bad zu sanieren? Manche Wohnungseigentümer haben ein regelrechtes Talent, immer Dritte mit der Wahrnehmung ihrer eigenen Kontaktfragen zur Verwaltung hin zu beauftragen. Ist ein Verwalter gut, der dies alles sang- und klanglos über sich ergehen lässt? Es ist ein bisschen wie Missbrauch, aber sicherlich ist der Vergleich schlecht und unangemessen. Und so was darf man auch nicht offen sagen.

Tatsächlich aber ist der Klempner nicht nur von Beruf am Draht, sondern auch als Mensch, was schließlich nicht heißen muss, dass er von guter, erwünschter und zielführender Telekommunikation viel versteht, oder sagen wir mehr als wir. Und dann diese permanenten Fettnäpfchen. Das eine ist dieses Intro von ihm, wonach wir -im Klang wie- zu doof sind, sein „dämliches Angebot“ zu verstehen. Niemand hätte die Absicht, ihm zu entgegnen: „Freundchen, wir sind zwar zu doof das zu verstehen, aber verstanden haben wir immerhin, dass du zu doof warst, es nach § 35 a ESt (EinkommenssteuerG) ordentlich zu gliedern, es mit Maßen zu versehen, Einheitspreise prüfbar hinzuzufügen undsoweiter undsofort. Nein, so frech wird niemand auftrumpfen, angesichts der eben gefallenen Unterstellung, man sei vielleicht nicht klug genug, ein Handwerkerangebot über ein Stück PVC-Rohr (Länge allerdings unklar, verschwiegen, pauschal) zu verstehen.

Nein, meine erste Rückfrage ist im Wesentlichen: War das, was sie wünschen? Oder rufen sie noch aus einem anderen, für mich relevanten Grund an? Da lauert schon die Falle der Formulierung, und Herr Klempner ist „pikiert“. „Na, wenn sie so mit mir reden“, sagt er noch und wartet, allerdings tue ich ihm den Gefallen nicht, darauf anzuspringen. Das wäre Verhaltenspsychologie erstes Semester. Nein, im Ernst, entgegne ich, eigentlich würde ich gerne gar nicht mit ihm telefonieren, denn wir hätten keine Geschäftsbeziehung. Nun wirft mir noch einen Brocken hin: „Ich finde es aber nicht gut, dass ich erfahren habe, sie verschicken meine Angebote an andere Handwerksfirmen!“ Nun wird es mir aber zu bunt.

Ich herrsche ihn regelrecht an: „Ich habe ihr Angebot nicht gewollt, es wurde mir zugeschickt. Es betrifft eine Leistung, die in derselben Wohnanlage im Nachbarhaus gerade von uns durchgeführt wird, eine Strangsanierung, und ich habe ihr Angebot an niemanden Dritten verschickt, sondern lediglich nur an die mit der Strangsanierung befasste Firma, und wenn sie jetzt sagen, das darf ich nicht, dann lache ich sie aus!“ – Er schluckt. Dann entschuldigt er sich. Ich habe ihm offenbar einen neuen Wissenshorizont eröffnet. Das Gespräch ist endlich zu Ende. Ich hatte von Anfang an keine Lust auf dieses Gespräch. Richtig, es hat mich abgehalten, mit Herrn Kurze (siehe oben) zu telefonieren, der aus derselben Wohnanlage kommt und dessen Rückruf ich wegen dieser Sache erbeten hatte. Jetzt läuft die Tageszeit wieder in die geordneten Bahnen. Ich rufe Herrn Kurze an, alles ist gut, auch ich habe mich wieder beruhigt. Über diesen Klempnerzausel schreib ich irgendwann ein Buch, wenn ich vierundsechzig bin.

Ein Gedanke zu „930/10: Alltag: Von Telefonanrufern, Anrufbeantwortern und verpassten Rückrufgelegenheiten #Lied des Tages

  1. Pingback: Twitter Wochenschau: 2010-10-03 | gesichtspunkte.de – Hier bloggt der Verwalter…

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