795/2010: Rosige Zeiten: In einem fernen Land liegen Lesebestätigungen auf einem Emailclient – in Kundus!

Da ist sie wieder, die globale Erinnerung, dass da noch was anderes war. Er schreibt an jemand Anderen, und er schickt uns eine Kopie zur Information. Was er dem Anderen schreibt, bezieht sich auf ihn und nicht auf uns, aber es ist deutlich:

 Ich war im Rahmen meines Dienstes bei der Bundeswehr ins Ausland kommandiert und daher in meiner Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt. Daraus und aus der mangelnden beziehungsweise überlasteten Technik vor Ort resultierte meine Unerreichbarkeit. Ich habe schon mehrmals versucht, per Mail Kontakt aufzunehmen, es wurde mir aber nie geantwortet. Die Lesebestätigung der Kanzlei befindet sich leider in Kundus auf meinem Emailclient, sonst hätt ich sie hier angehängt.

Ich kann nur sagen und es kaum anders ausdrücken: Respekt! Das dürfte „da unten“ wahrlich kein leichter Job sein und ich hege keinen Neid. Absolut keinen.

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Und gleichwohl: Sind Lesebestätigungen, wie sie in Emailprogrammen einstellbar sind, eine zuverlässige Gewähr dafür, dass jemand auch etwas gelesen hat? Wer an eine Kanzlei eine Email absendet, der muss sich noch lange nicht in Sicherheit wiegen, dass eine einmal geöffnete Email auch gelesen wird. Und vor allem: Wer hat sie eigentlich gelesen? Die Reno-Fachgehilfin? Der Chef selbst? Lesebestätigungen, die angefordert werden, die haben auch so einen Hauch von einer Idee von Kontrollwut.

Uns trifft die Verantwortung, gewissenhaft zu kontrollieren, ob eine versendete Email auch wirklich aus dem Postausgangskörbchen weg huscht, verschwindet in den Ordner „Gesendete Objekte“. Uns trifft keine Verantwortung dahingehend zu kontrollieren, ob unsere Emails auch gelesen werden bzw. wurden. Dafür ist ganz allein der Empfänger zuständig. Hinsichtlich einer ordentlich versendeten Email trifft uns erst wieder dann Pflicht zur Sorgfältigkeit, wenn ein Postmaster uns meldet, dass die angeschriebene Emailadresse nicht erreichbar sei. Nur dann haben wir ein Problem.

Wir sollten es anderen überlassen zu organisieren, wann Emails geöffnet werden, in welcher Zeit das Lesestudium erfolgt, und vor allem auf welchem Örtchen? Richtig: Emails können heute überall abgerufen werden, no problem. Vielleicht in Kundus nicht ganz so leicht, wie in Berlin-Mitte in der Friedrichstraße.  Ganz wider Willen ist eine Reise nach Kundus ganz sicherlich eine solche, die man nicht anders als eine weitgehend kommunikationsfreie Zeit bezeichnen darf, wenn auch auf eher unfreiwilliger Basis.

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