766/2010: Nachgehakt: Bei BSR Rechtslücken in Leistungsbedingungen – vom Behälterinhaltsgewicht einer Tonne

gesichtspunkte.de hatte gestern auf als unnütz empfundene serienbriefmäßige Belehrungsbriefe der Berliner Stadtreinigungsbetriebe hingewiesen. Da das Thema „als brennend“, weil irgendwie willkürlich empfunden wurde, hat die Redaktion heute nochmals genauer nachgehakt. Das Ergebnis: Derartige Schreiben „der Orange“ können durchaus mutwillig versendet werden und haben kaum nachvollziehbare und -vor allem- nicht nachprüfbare Grundlagen. Muss am Ende diese Fassung der aktuellen Leistungsbedingungen jetzt selbst in „die Tonne“?

_seitentrenner Flugzeug

Die Überprüfung ergab folgendes:

Wenn einer (beispielsweise) eine Restmülltonne mit 240 L Füllinhalt bestellt, handelt es sich dabei gem. Ziffer 2.2.1 der Leistungsbedingungen um eine „Abfallsammeleinrichtung“. Die BSR ist dazu verpflichtet, diese im Eigentum der BSR verbleibenden Gefäße (warum eigentlich? könnte das nicht privatisiert werden?) zu entleeren (2.2.1: Absatz 1). Als Mindestvolumen für die Entsorgungsverpflichtung sind 30 L Behältervolumen für gemischte Siedungsabfälle aus Haushalten pro Hausbewohner anzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob dieser beispielsweise ganzjährig anderswo wohnt. Abgesehen von der Fragwürdigkeit eines derartigen Anschlusszwangs stellt die Disposition ausreichender Füllvolumina doch wohl eindeutig eine originäre Zuständigkeit der Hausverwalterin oder des Eigentümers dar. Fragwürdig.

Abfallsammeleinrichtungen (Tonnen) sind insbesondere nur so weit zu füllen, als sie „dicht schließen“. Über das spezifische Gewicht der Befüllung wird indessen nichts ausgeführt. Also reicht „Oberkante Müllgefäß“ und „Unterkante dichtschließender Deckelverschluss“. Vollkommen widersinnig erscheinen insbesondere Verbote, die eingebrachten Abfälle „einzustampfen“ oder zu „verdichten“ (subjektiv) oder diese „zu zerkleinern“ (anders alle erhältlichen Abfallratgeber).  Auf schriftlichen „Einzelantrag“ an die BSR kann die BSR das Verdichten jedoch zulassen, was allerdings mit einem „pauschaliert erhobenen Verdichtungszuschlag“ entgegnet wird. Abgesehen davon, dass dies vollkommen lebensfremd ist, stellt auch der Vorgang des Verdichtens im haushaltsnahen Müllbereich lediglich eine Verlegenheitslösung dar. Niemand verdichtet regelmäßig und nur weil er einen Antrag gestellt hat, seinen Hausmüll. Vielmehr werden sich -ausreichende Dimensionierung vorausgesetzt- die Minderfüllmengen (2/3tel, 3/4tel oder 4/5tel der zulässigen Füllmenge) mit solchen ausnahmsweisen Zuständen wie geringfügiger Überfüllung mindestens die Waage halten. Eher ist anzunehmen, dass Hausmüllgefäße in der Regel sachgerecht befüllt werden und nur in Ausnahmesituationen (z.B. Weihnachtszeit, Schnee- und Eisperiode, wie gerade noch gewesen und jedem gut in Erinnerung)  hiervon abgewichen wird. Zwar hat auch hier -Nachtigall, trapsen?- niemand Anspruch auf einen verlässlichen Entsorgungstag, andererseits aber dürfen beispielsweise die „Müllkutscher“ sogar selbstverantwortlich entscheiden, wann sie von der Entsorgungspflicht befreit sind! Hierüber berichteten wir angesichts der Schnee- und Eisprobleme.

Regelrechte Rechtslücken haben die Leistungsbedingungen auch hinsichtlich folgendem Gesichtspunkt: Zwar sind Sammelbehälter gem. Ziffer 2.2.2 definiert hinsichtlich der Gefäßgrößen in Liter und m³-Grössen.  Die gem. Ziffer 2.2.3 allerdings generell unzulässige Verdichtung oder das Einbringen von „zerkleinerten Abfällen“ wird nur auf schriftlichen Antrag gestattet. Die nach Ziffer 2.2.4 zulässige Befüllung beinhaltet aber zwei Komponenten: nämlich die Füllhöhe (randdichter Verschluss des Deckels, siehe oben) und (und hier ist die Lücke) das Befüllgewicht. Das veröffentlicht die BSR in geeigneter Form. Was dafür die geeignete Form ist?

Volltextsuche-Versuche auf der Website der bsr:

1.) Zu Ihrem Suchbegriff „zulässige Befüllgewichte“ konnten wir leider keine Seiten finden.

2.) Zu Ihrem Suchbegriff „befüllgewicht“ konnten wir leider keine Seiten finden.

Jede Menge andere Suchversuche auf der Website ergeben schlichtweg kein vernünftiges Ergebnis. Man darf wohl annehmen, dass die Nichtveröffentlichung auf der Website der BSR daher anzusehen ist wie eine Nichtveröffentlichung, da sie ja die maßgeblichen Unternehmensinformationen kommunizieren wird, oder?

Allerdings wird hier fündig, wer die Suchsystematik „durchschnittliches Behälterinhaltsgewicht“ eingibt. Es wird dort wörtlich ausgeführt:

 Soweit die tatsächlichen Inhaltsgewichte eines Sammelbehälters das durchschnittliche Inhaltsgewicht übersteigen, ist die BSR berechtigt zuzüglich zu den Tarifen nach Nummer 2.1.1 und 2.1.2, einen Gewichtzuschlag zu erheben (vergleiche Nummer 2.2.5 der Leistungsbedingungen). Eine Übersteigung ist dann gegeben, wenn bei einer wiederholten Verwiegung das tatsächliche Inhaltsgewicht mehr als 50 % über dem durchschnittlichen Behälterinhaltsgewicht liegt.“ – Erkenntnisgewinn sehr hoch.

Es kommt also auf „durchschnittliches Behälterinhaltsgewicht“ an. Suchen wir mal das. Ergebnis der Suchseite BSR: „Zu Ihrem Suchbegriff „durchschnittliches Behälterinhaltsgewicht“ konnten wir leider keine Seiten finden.“ Weiterer Versuch: „Behälterinhaltsgewicht „Zu Ihrem Suchbegriff „Behälterinhaltsgewicht“ haben wir 1 Seiten gefunden:“ und es ist wieder allein nur die obige Seite, die wir bei aller Freundlichkeit nur zitieren können als eine solche, die Fragen offen lässt.

Der Verbraucher erhält Beschwerdebriefe des Dienstleisters BSR, der per Gesetz berechtigt und verpflichtet ist, den Müll abzuholen. In formularmäßigen Briefen wird Beschwerde über einen Verstoß durch Hausbewohner eines Hauses in Berlin-Wedding geführt, die sich auch bei intensiver Recherche nicht aufklären lassen. Weder ist ein erläuterndes Foto eingereicht worden, noch eine individuelle Beanstandungsmeldung, sondern eine formularmäßige. Die Bewohner bestreiten, falsch gehandelt zu haben. Inwieweit sie falsch gehandelt haben könnten, erschließt sich der intensiv darüber nachdenkenden Hausverwaltung mit gutem Willen nicht. Dass vorliegend eine Übersteigung gegeben sei, wonach „bei wiederholter Verwiegung“ das tatsächliche Inhaltsgewicht (das verstehen wir, super!) mehr als 50% über dem „durchschnittlichen Behälterinhaltsgewicht“ liegt, ist vollkommen unklar. Weder wird unsererseits vermutet, dass die Müllkutscher am Wagen auch eine Waage integriert haben (ist das so?), noch lässt sich behaupten, es sei von „wiederholten Fällen“ etwas bekanntgeworden (ist eine Belehrung ergangen? an wen?), noch fand überhaupt eine Verwiegung statt (Behauptung unsererseits). Damit steht fest: dieser ganze, unfreundliche Verwaltungsakt entspringt irgendeinem willkürlichen Handeln. Die Verfahrenswege, die bei der BSR eingeschlagen werden, hatten wir gestern schon ad absurdum geführt und als „bürokratische Geißel der Menschheit gebrandmarkt.“ Karl „Kalle“ Marx hat gesagt:

 „Die Bürokratie gilt sich selbst als der letzte Endzweck des Staates.“ – Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. MEW 1, S. 249, 1843 – hier

Nein, nein, da gibt es gar kein Vertun: Karl Marx hat in einigen Dinge geirrt, aber nicht in allen ….

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Nun muss die BSR etwas tun. Sehr einfach: Die blöde Tonne abholen. Im Rahmen angestrengten Nachdenkens hat die Abteilung Qualitätssicherung der Hausverwaltung einen neuen Sticker entworfen, er ist so einfach wie folgerichtig. Wir bilden ihn nachstehend ab. Die Welt kann so einfach sein!

Der BSR schicken wir mal diese Gesichtspunkte zum drüber nachdenken: mit gutem Willen kann jedermann die Welt verändern! Wir werden an die Abteilung Unternehmenskommunikation schreiben- mal sehen, ob es die inzwischen dort gibt?

Weblotse

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