Mit der Einführung von Emails wurde das Briefgeheimnis nicht abgeschafft

Internet & Email

Internet und Email

Internet und Email

Es ist auch eine Frage der Generationen: die einen mögen es sehr, die anderen hassen es regelrecht. Dieses „erreichbar“ sein auf einer Vielzahl von Kanälen. Hinzu gekommen ist in den letzten zehn Jahren die Emailadresse. Ganz zu schweigen vom Handy. Oder die (mehreren) Emailadressen, jede für seinen Zweck.

Menschen oberhalb der Vierzig (Vierzig Plus) erinnern noch genau, welche Revolution mit der weltumspannenden Einführung des Telefaxgeräts verbunden war.

Irrtümlich erfolgte auch beim Telefax die Annahme, wer ein solches Gerät bereitstelle, der sei ‚rund um die Uhr erreichbar‘ und müsse daher binnen 60 Minuten schon antworten. Mit der Einführung von Emails darüber hinaus, hat sich das noch einmal beschleunigt. Schon nach fünf Minuten rufen Menschen an und sagen, sie hätten eine Email gesendet, und -ach- die sei noch nicht gelesen worden?

Warum sollen Nachrichten auf elektronischem Wege schneller gelesen werden (müssen), als konventionelle per Brief? Richtig: Man muss nicht einmal aufstehen, um sie zu lesen. Kein Briefumschlag muss geöffnet werden und auch der Eingangsstempel entfällt zunehmend. Digital sind Nachrichten absetzbar. Ob sie auch gelesen werden, ist eine ganz andere Frage. Allerdings sind heute Emails auch per Handy unterwegs abrufbar.

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Der digitale Detektiv

Der digitale Detektiv

Der heutige Anruf eines rund siebzigjährigen Architekten und Kunden (aus Berlin-Wilmersdorf)  im Ruhestand mit regelmäßigen Beschäftigungen bricht ein jahrelanges Tabu. ‚Ja ja‘, sagt er zu uns, natürlich hätte auch er eine Emailadresse. Aber ‚ich habe ein ungeschicktes Händchen,‘ was das Lesen von Emails angeht. ‚Ich bekomme auch Emails. Meist ist es Spam.‘ Spam hier, Spam da, Spam hin, Spam her, die Benutzung von Emailadressen ist nicht schwer. Ob er einen Filter einsetzt?

Wie schafft man es, wenn man ein ungeschicktes Händchen für sich reklamiert, Emails in wesentliche und solche, die unwesentlich sind aufzuteilen? Vor allem ist es auch eine Einstellungsfrage: gemeint ist die persönliche Einstellung von einem selbst dazu. Nicht die (technisch versierte, fortgeschrittene) Einstellung des Email-Accounts.

Er sagt, wenn es was Wichtiges ist, dann bitte per Fax. Ein Fax ist ein Fax und wenn es da liegt, auf dem Faxgerät, dann ist es da und es ist wichtig. Sonst würde es da nicht liegen. Aha! Ein Fax ist immer wichtig. Eine Email nicht. ‚Ich lese sie nicht regelmäßig,‘ sagt er. Aber nun habe ich seine Emailadresse, und ich verspreche ihm, ich bin kein Spamversender. Das schafft Vertrauen, in Zukunft besitze ich eine weitere, hoch anspruchsvolle, gesellschaftliche Aufgabe, die in keinem Tätigkeitsprofil eines Haus- und Grundstücksverwalters schriftlich niedergelegt ist:

Rechtfertige den besonderen Bonus, die Emailadresse verwenden zu dürfen, nur mit besonders gutformulierten und durchdachten Emails und niemals im Versenden von Belanglosigkeiten. Und rechne nicht damit, dass Emails ‚bearbeitet‘, beantwortet werden und ‚tagesaktuell‘  Reaktionen zeitigen. Mehr oder minder darf man Emails nur als pure Belanglosigkeit benützen, und nicht als verlässliches Medium der Neuzeit. Mit dieser Theorie steht unser heutiger Anrufer aber anders da, als beispielsweise jene Eheleute K. aus Berlin-N., die uns vor zwei Jahren erklärten, die von ihnen versendeten fünfzig Weihnachtsgrüße an „fünfzig offen benützte“ Verwender (im Feld „An“ eingetragen, und daher für jeden der 49 anderen gut sichtbar) seien doch nichts anderes, als gut gemeinte Weihnachtsgrüße, und Email sei nur ein anderer Informationskanal. Nein, wendete ich damals ein, ein Weihnachtsgruß per Postkarte trage doch auch nicht einen Anhang, mit dem Hinweis: Folgende 49 anderen Mitbürger mit Adress- und Namensnennung hätten ebenfalls eine derartige Grußkarte erhalten. Auch wir erinnern noch das Briefgeheimnis. Dass es mit Einführung der Email abgeschafft wurde, konnten wir nirgends recherchieren.

Zurück zu unserem Architekten im Ruhestand. Ein entsprechender Zusatzvermerk wird von mir bei den Adressdaten des Architekten abgespeichert: Dort steht jetzt schriftlich,

Zitat Herr Dr. Xy gibt keine Garantien dafür ab, Emails regelmäßig zu lesen, wenn etwas wichtig ist, soll es ihm gefaxt werden. Er sei ungeschickt im Umgang mit Emails“ (Zitat aus erweiterten Kontaktdaten)

Nun bleibt nur zu hoffen, dass ich niemals versehentlich eine Email mit relevantem, verbindlichen Charakter absetze, die mein neuer Korrespondenz-Freund nicht rechtzeitig liest, weil ich diesen „Sicherheitshinweis in eigener Sache“ versehentlich vergesse habe zu beachten. Mag sein, dass nun erst mit der Hereingabe und Inbenutzungnahme der Emailadresse das erste Mal eine regelrecht kommunikationsfreie Zeit zwischen uns ausbricht, worüber wir ja schon des Öfteren berichtet hatten. Immer diese tumben Amerikanismen.

Weiterführender Link

Gemeinsam einsam – Einige Email-Reglements