Heterogenes Auftreten: Der Dachdecker, Industriekletterer & Webseitengestalter

Positionen

‚Hallo, hiermit möchte ich die Kommunikation per email beantragen,‘ schreibt uns der Dachdecker, dessen Namen nichts zur Sache tut. Das liegt schon eine Weile zurück, und wir haben bislang darauf noch nicht reagiert. Heute telefonieren wir noch einmal. Okay, das Gespräch klärt es noch. Wir sehen uns den Vorgang an und unterziehen ihn einer genaueren Überprüfung. Der Grund: Wir halten niemals grundlose Kommunikationsstrukturen vor. Lieber wenige und dafür gute Kontakte, als das Gegenteil davon. Das ist die Grundeinstellung.

Gestern kam auf demselben Kanal des Legalisierungsvorgangs auf der Website gotthal.de eine Initiativbewerbung eines (anderen) Handwerkers, der nun nach einer festen Anstellung sucht. Die Bewerbung kommt in dem Kanal der Legalisierung. Unsere Antwort kam nicht auf selben Weg. Wir beantworteten dem Bewerber seine (unzulässige, aber auch unnötige) Email per SMS, nicht per Email, so: ‚Hallo Eduard Schnitzler (* Name geändert), merci für Initiativbewerbung. Mehr Infos auf http://www.gotthal.de/karriere – alles Gute für weiteren Lebensweg, aus Zehlendorf, gotthal‘ – Gute (vorherige) Netzrecherche beantwortet manche Frage von selbst. gotthal.de weist ja ganz ausdrücklich darauf hin, dass derzeit keine Stellenangebote vorhanden sind. Oftmals sind solche Initiativbewerbungen lediglich die Erfüllung von Auflagen, seine Bewerbungen beim Jobcenter nachzuweisen.  In diesem Fall wären wir also für den Bewerber lediglich eine Art virtueller Mülleimer, weil es ihm nur darum geht, seine Bewerbung einfach los zu werden, egal bei wem sie ankommt. Zufällig -sozusagen- bei uns. Per Email, so sagt man, ist Pflicht und außerdem auch im Spieltrieb des Menschen angelegt? Wer einen elektronischen Kontakt legalisieren möchte, also auf eine Art whitelist geraten will, um sich von Viagra-Anbietern aus Tuvalu zu unterscheiden, sollte seine Initiativbewerbung aber nicht bereits auf diesem, ersten, noch zärtlichen Kanal denkbarer Tuchfühlung mit den Befehlen ‚copy & paste‘  bereits versauen. Und Websites vorher darauf hin untersuchen, ob zum Thema Jobs & Karriere dort schon etwas Sinnvolles steht.  – Sonst werden jedenfalls solche untauglichen Anbahnungsversuche eher als Belästigung empfunden. Ganz anders aber der ganz oben geschilderte Dachdecker, dessen Name wir unzutreffend mit Herr Stadtkönig angeben.

***

Sein Wunsch, mit uns in (geregelten, elektronischen) Verkehr zu kommen, ist ganz, ganz deutlich herauszulesen. Und er macht sogar Sinn, dieser (neue) eKontakt. Die Email zur Legalisierung ist im Du-Stil verfasst, und eine Fußnote erklärt das so, Zitat: ‚* „Ihr“, „Euch“, „Du“ entsprechend Ihrer Internetseite als gewünschte Kommunikationsform verwendet *‘ (Ende Zitat). Wir sehen, ein äußerst aufmerksamer Handwerker (Dachdecker), der sich zu einer elektronischen Kontaktform entschließt, indem er zuvor liest, was lesbar ist, nachvollzieht, welche Informationen erhältlich sind. Wir können jetzt noch einmal klären, dass die ‚Du-Form‘ auf der Website gotthal.de für uns in Ordnung geht, weil wir uns einem anonymen Besuchertum stellen, das wir allgemein gern mit Du, anstatt mit Sie ansprechen möchten. Im persönlichen Kontakt ‚von Mann zu Mann oder Frau und umgekehrt‘ haben wir mit geschäftlichen Kontakten im Allgemeinen das ‚Sie‘ fest im Sprachgebrauch. Nicht nur wissen wir auch, dass das Du inflationär und mit unterschiedlicher Ratio (Vernunft) von Menschen in Gebrauch genommen wird. Eine andere Lebenserfahrung sagt auch, dass wer ‚Du‘ sagt, schneller ‚Du Ar**hlo*h‘ sagt. Oder auch zur ‚vertraulichen Kumpelei‘ neigt. Mit wem aber ein ‚Du‘ auf Grundlage mehrjähriger, intensiver Beziehung in Ordnung wäre, dem wird das irgendwann angeboten. Richtig ist in Deutschland, dass man sich erst einmal ein bisschen kennenlernen muss, um auf eine persönlichere Du-Variante zu kommen. Ein Du muss man sich erst verdienen, ganz beiderseitig. Persönliche Integrität ist sehr wichtig und spielt eine ausschlaggebende Rolle, und ist letztlich nicht zu verwechseln mit dem freundlich gemeinten ‚Du‘ einer Website in der Öffentlichkeit. Für Verwalter fremden Eigentums spielt schließlich eine ganz große Rolle: Im geschäftlichen Kontakt zu Handwerkern, die möglicherweise regelmäßig beauftragt werden, würde ein von vornherein vereinbartes Du insbesondere für alle anderen (die Kunden) eher negativ wirken. Eine zu große Nähe zwischen dem Stellvertreter des Auftraggebers und dem zu kontrollierenden Handwerker, dessen Leistungen sich präzise überprüfen und nachrechnen lassen müssen. Oft weisen Verwalter Rechnungspositionen zurück oder kürzen in berechtigter Weise falsche Aufmaße und Rechnungspositionen. Wer aber ein ‚Du‘ bei gleichzeitig angemessener, geschäftlicher Distanz in Gebrauch nehmen kann, muss noch nicht erwarten, dass das jedermann hier in Deutschland schon als gewöhnlichen Umgang miteinander versteht. Wir sind hier schließlich nicht in Schweden und unsere Geschäfte betreiben wir nicht mit Ingvar Kamprad, dem IKEA-Gründer.

***

Sehr praktisch: der Gebauchpinsel

Sehr praktisch: der Gebauchpinsel

Und nun machen wir uns die Mühe, die Signatur-Angaben des (neuen) Dachdeckers genauer anzusehen. Die Emailadresse beginnt mit einem gekonnten ‚horst‘ (* Name geändert), dann folgt ein @-Zeichen und dahinter folgt der Familienname ’stadtkoenig minus netPunktde‘. Als URL wird aber eine Internetadresse www.klettermaxen.de (* Sämtl. Angaben sind hier verändert worden, die Angaben stimmen also nur sinnbildlich). Zusammengefasst horst@stadtkoenig-net.de (* wie gesagt….). Aber warum haben die www.klettermaxen.de eine Emailadresse @stadtkoenig-net.de? Das finden wir erst einmal verwirrend und im zweiten Gedankengang sogar sehr interessant. Wäre nicht ein ‚heterogenes‘, werbewirksames, ja nachhaltig Eindruck machendes Auftreten eher darin zu sehen, dass horst@klettermaxen.de als Alias verwendet wird. Unsere Neugier führt uns also zusätzlich auf die URL www.stadtkoenig-net.de (bitte nicht versuchen, die Angaben sind Unsinn). Und hier erfahren wir nun folgendes. Herr Stadtkönig ist auch ein Webdesigner und hostet Websites, sogar auch für andere Leute. Unter den Referenzen dieser Seite finden wir auch die Gestaltung und die Betreuung der klettermaxen.de-Website, in der Herr Stadtkönig nun wiederum der Dachdecker ist, genauer gesagt aber nicht nur das, sondern auch ein ausgebildeter Industriekletterer. Wir fassen zusammen:

– Herr Stadtkönig hat sich eingehend erkundigt, mit wem er in geschäftlichen Kontakt geraten will. Er hat das auch kurz und präzise erläutert.

– Die (ebenfalls gewissenhaft durchgeführte) Recherche (vor Aufnahme weiterer Kontakte per Email) ergibt eine Art Netzwerkstruktur von Website-Gestaltung, Hosting, Dachdeckerleistungen, Tennisclub-Betreuung und Industrieklettertum, eine Art sehr moderner Bauchladen.

– Aber das ist auch interessant und lustig, eine schillernde Persönlichkeit erahnen wir.

Dieser geschäftliche Kontakt ist nunmehr erfolgreich angebahnt. Aber so richtig schnell ging es nicht, so weit zu kommen. Gut Ding will eben Weile haben.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.