3071/15: Nachruf: Hellmuth Karasek (* 4. Januar 1934; † 29. September 2015 in Hamburg)

Trauerkerze

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An Karasek kam der Literaturbetrieb schon lange nicht mehr vorbei. Legendär seine Wortwechsel mit dem legendären Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (†93) im „Literarischen Quartett“. Reich-Ranicki ging dabei mit der Streitaxt vor, Karasek mit feinsinnigem Humor. Stets umsäuselte ein Lächeln seine Mundwinkel, der Schalk blickte ihm bis zuletzt aus den Augen. (Bild-Zeitung, hier)

Marcel Reich-Ranicki war der Literaturpapst.

Hellmuth Karasek war nach dem Tod des Literaturkritikers Nummer Eins der Literaturkritikerersatzpapst. MRR schätze ihn sehr: Hellmuth Karasek gehöre zur Spezies der wenigen, wichtigen Literaturkritiker, der für Leser schriebe, nicht für Journalistenkollegen. Und so waren seine Texte: Zu Herzen gehend, klug, leise, intelligent, nachdenklich, nie verschroben, abwegig oder von einem Elfenbeinturm angehäuften Exklusivwissens aus. Er war ein Stoßzahn im Auftrag der lesenden Büchergilde, deutschlandweit.

Karasek war so gesehen eben gerade nicht Papst. Nicht wirklich. Wenn Deutschland auch versuchte, Lücken zu füllen.

In Wahrheit war Hellmuth Karasek kein Ersatz für Marcel Reich-Ranicki. Beide waren auf ihre Art und Weise unvergleichlich. MRR war laut, aufbrausend, eloquent und ein ganz großer Entertainer (lt. Harald Schmidt). MRR wollte auch Schulmeister sein. HK war leiser, eine Spur intellektueller. Seiner Kritik hörte man lieber zu. Denn an MRR rieben sich die Geister. Karasek war gediegener, am Ende hanseatischer. Mit Bravour verriss er so weltweite Erfolgsbücher wie den Ikea-Katalog. Ein Machwerk des trivialen, bösen Kommerz. In der Liste der gestorbenen, hoch anständigen, vorbildlichen  Deutschen, in der Hellmuth Karasek gelistet ist, ist 2015 einiges schon passiert. HK: Danke für alles! Du wirst fehlen. Definitiv.

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