2030/14: Positionen: Frank Schirrmacher, Bettina Röhl, Ulrike Meinhof, Fußball WM, Ista Deutschland, Workflows des Grauens #Trendforschung

Inder Tat

Die Lage der Nation: Die Rente ist sischer. (Norbert Blüm) – „Der Urlaubsanspruch geht mit dem Tod nicht unter.“ (Europäischer Gerichtshof) – Yin & Yang im Leben und im Sterben des europäischen Menschen

Frankfurt/Main (Berliner Speckgürtel) Frank Schirrmacher ist tot. Deutschland beklagt den zu frühen Abgang des FAZ-Mitherausgebers und Journalisten. Die einen lieben ihn. Andere „haten“ ihn jetzt und rechnen mit ihm ab. Die Journalistin Bettina Röhl hat gestern „aus gegebenem Anlass“ nochmal mit Schirrmacher abgerechnet. Sie hatte als Tochter von Ulrike Meinhof früher eine „braune Suada“ persönlicher Anfeindungen hinnehmen müssen, beklagt sie, gegen die sie auch vorzugehen hatte, um der publizistischen Sudelschlacht um Erbgene, braunes Gedankengut und persönliche Abwertung zu entgehen.

Wir waren nicht dabei, lesen aus der Distanz mit, was im sozialen Netzwerk dazu für Senf von vermeintlich Wissenden im Dunstkreis ausgesagt wird. Ob es um Pietät und Mitgefühl für die Hinterbliebenen geht? Oder um Abrechnung zum falschen Zeitpunkt. Mit dem Tod eines Menschen ende jede persönliche Verantwortung.

Präzision & Konfusion - The Fog, Nebel des Grauens

Was die Journalistin Bettina Röhl ausfechten muss, sind aufgedrückte Themen und immer wieder die höchst unsinnige, zweifelhafte Frage, die gar keine ist: Niemand kann etwas für seine Herkunft. Familie nennt man ein Ideal. Herkunft ist unverzeihlich, aber nicht zu ändern.

Wir können es nicht sagen. Deutschland spaltet sich gerade in Kulturversessene und Hobby-Feuilletonisten und solche, die sich Fußballfähnchen, Wimpel vom Gimpel, ans Brustrevers heften. Wir aber fühlen uns damit allein gelassen.

Eine merkwürdige betriebswirtschaftliche Taktik bei der Fa. ISTA Deutschland wurde uns so richtig bewusst. Angesichts von Nachfragen zu einer Verbrauchsaufstellung von abgelesenen Werten in einer Wohnanlage in Berlin-Pankow ergibt die Befassung mit 2013, dass die Datenlage sorgfältiger, besser und verwendbarer als im Vorjahr ist. Mit kleinen Ausnahmen.

Der Mensch lebt erst in seinen Erinnerungen. Dann gewinnt er neue Erkenntnisse dazu und bestenfalls helfen ihm diese, schlechte wieder abzustreifen. So bleibt man jung und unvoreingenommen.

Jo Lendle - Brief an TELEKOM

Jo Lendle – Brief an TELEKOM

„Sie machen mich rasant“, sagt Jo Lendle. Bringt den Irrsinn marktschreierischer Werbung gut auf den Punkt: Der Autor Jo Lendle führt Nonsens-Schriftverkehr mit der Telekom und  veröffentlicht diese Briefe im sozialen Netzwerk. Das hat inzwischen eine Menge Fans. Die Briefe sind das Gegenteil von schwarz weiß in sprachlicher Hinsicht: Sie sind mindestens magentafarbene Farbtupfer im alltäglichen Wahnsinn von schwachsinnigem Unternehmensbohei im Akquisitionsfeld Kundengewinnung der Großunternehmen. Dafür von hieraus Chapeau!

Die zugrunde liegende Frage, zunächst per Email abgesetzt, entpuppt sich zwischenzeitlich als geklärte Frage. Das macht eine zweite Email, eine Korrektur, erforderlich. Und nun kommt´s hohe Thema Kommunikationsfrust ins Spiel. Auf dem Anrufbeantworter der Hausverwaltung hat sich eine sächsisch anmutende, weibliche Telefonstimme verewigt, sie sagt: „Ihre Email haben wir erhalten. Ich wollte nur sagen, dass wir uns da drum kümmern.“ Da die Nummer mitübertragen ist, kann ich zurückrufen. Der folgende Dialog gibt mir versehentlich tiefe Einsichten in die Organisation großer Konzerne. ISTA sitzt mit der Abteilung Abrechnung in Dresden, dort wird Deutschland in großen Teilen die Abrechnung erteilt.

Interessant ist der Workflow: Welche Email, frage ich. Wir klamüsern es aus. Ich schicke viele Emails, welche genau? Genau die. Ach, die. Genau, die. Übrigens, sage ich, ich habe zu der Email noch eine zweite geschickt, zwei Stunden später. Das Thema der ersten Email waren zwei Fragen. Einmal „Was?“ Fragen (rot markiert), für drei Nutzer im Haus. Die, habe ich in der zweiten Email mitgeteilt, haben sich erledigt und sind grün markiert. Erledigt haben sich die drei „Was?“-Fragen in rot, nicht erledigt sind die weiteren, darunter stehenden, übrigen Fragen.

gesichtspunkt.Erstaunen.Sokrates

Nun sagt mir weiblich Dresden etwas, dass ich kaum glauben kann. Ista Berlin sitzt in Potsdam und die bekommen tagtäglich ca. 10.000 Emails zu den betreuten Sachen. „Wir arbeiten hier mit SAP“, sagt sie, das geht so, sinngemäß: Die herein kommenden Emails werden vorsortiert und nach Zuständigkeitsbereichen aufgeteilt und aufgearbeitet. Dann werden sie ausgedruckt und ins SAP-System eingescannt in schwarz-weiß (Anmerkung: farbliche Hervorhebungen in Emails werden hier vernichtet). Dieses SAP-Vorgangssystem bekommt dann die Probleme gefüttert und deutschlandweit verteilt. Aha, sage ich, so läuft der Hase, im rosa Pfeffer.

Da machen wir uns also Mühe, eindeutig zu sein, auf den ersten Blick auf die richtigen Punkte fokussierend. Wichtig ist „rot“, „grün“ ist erledigt und am Ende sagt jemand in Dreschden, dös hamma hier nich in Farbe. 1969 wurde in BR Deutschland von Willy Brandt das Farbfernsehen angeschaltet.

Okay, Dresden, das war früher schwarzweiß.

Wie auch immer:

Für mich eine ganz bahnbrechende Erkenntnis.

Alles Bemühen um Deutlichkeit, Hervorhebung und Konzentration auf einen wesentlichen Sachverhalt ist zu großzügig gedacht. Kannst du deutlich nicht in der niedrigsten 1-Bit-Auflösung sein, vergiss es.

Schirrmacher war´s, der hat andererseits ja auch gewarnt vorm gesellschaftlichen Werteverfall durch die zunehmende Durchsetzung mit zu technikaffinen Informations- und Vernetzungsstrukturen, vor der Allmacht von Handys, Handhelds und Konsorten. ISTA, ein kluges Unternehmen, hat´s wohl gelesen. „Dem Schirrmacher seine Erben“, soviel ist sicher, können sich die nicht gewährten Urlaubs-Restansprüche des zu früh verstorbenen Journalisten auszahlen lassen. So entschied jetzt ohne den Fall Schirrmacher bereits ins Kalkül gezogen zu haben, der Europäische Gerichtshof, herrlich skurril…

Die Bestie Vater in Menschengestalt Klaus Kinski: Er war so wild nach ihrem Erdbeermund, hieß es in seinem gleichnamigen Buch. Schon aus seiner Kindheit wusste er viel zu berichten, das eine schräge Anscheinsvermutung rechtfertigt. Seine Tochter Pola kam kürzlich nach vielen Jahrzehnten mit ihrer Geschichte vom unerträglichen Vater in die Öffentlichkeit. Ihr Therapeut habe ihr jahrelang abgeraten. Eine empfindsame, sehr verletzte Tochter erzählt von sich in „Pola Kinski – Die Berührte“, die Musik zum Film hat der Berliner Musiker Christoph Rinnert beigesteuert. Der Film wird nur kurze Zeit verfügbar sein, bei Interesse unbedingt hier einmal vorbeischauen…

Wir haben noch Kultur im Fernsehen, was wir früher für Kultur hielten, hieß Kinski und bekommt post mortem andere Drehungen. Was wir deutlich farbig sagen und uns bemühen, mit Couleur auf den Punkt zu bringen, wird bei großen Heizkostenablesefirmen schwarz zu grau zu weiß zurückgefärbt, den Ball flacher zu halten und eine deutliche Meinung zu vertreten konterkariert. Deutschland brauchte Schirrmacher, kein Zweifel. Deutschland braucht Bettina Röhl. Aber braucht Deutschland Konzerne, die Meinung durch Filter schicken und farblos zu schwarz-weißen Vorgängen reduzieren? S´wird einem schwindlig, man muss sich übergeben. Zeit, dass sich was dreht: trotz Fußball. 😉 – Die Rente ist keineswegs sischer. Das nicht.

 

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