1998/14: Hotline: Bei der telekom ist das rollende „RRRRRR“ im Telefonat geographisch bedingt

Telekom

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Als Geschäftskunde bin ich, also weiß ich. Dass ich nichts weiß und vorsichtig sein muss. Beim Hergeben von Daten. „Wünschen Sie Neuigkeiten per Email?“ Oh Gott, nein, das nicht. Es ist sowieso der Tag jeder neu. Alles neu. Schon im April.

Und dieses Telefonat. Ich nenne sie Liesbeth, sie hieß anders. Sie hat ein Sprachidiom, das „outländish“ klingt. „Wie klingt solch´ Idiom?“ frug Heinz Erhardt mal dazwischen und plapperte in Blümeranze so fort, fuhr nach Spanien in Urlaub und berichtete in „humoris causa“ von Abwasserrohren, die ins Meer hineinragen wie Postbeförderung: „Beim Baden trifft man jetzt immer alte Bekannte.“ Liesbeth ist nett. Sie kommt erst irgendwie ein bisschen „von oben herab“. Während des Telefonats aber beginne ich sie zu lieben. Sie hat sich zu mir nach unten gesellt. Willkommen, Liesbeth von der telekom, der outländischen.

Innovatives Telekomprodukt in Planung: Das T-Licht

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Sascha Lobo trägt magentafarben seine Irokesen vor sich her. Enie van de Meiklokjes trugt magentafarbene Haare.

Sie kommt aus Temeswar in Rumänien (im Berliner Speckgürtel) und von dort aus führt sie übrigens auch das Telefonat mit mir. Wir sind weit entfernt davon, in Dunkeldeutschland, hier in Berlin. Rumänien, Siebenbürgen, Transsilvanien, wo die Vampire blutig um sich beißen, sie sagt, so sei sie nicht.

Peter Maffay, denke ich, Tabaluga in der Essenhalle Gruga.

Am Ende geht es um einen Account und um ein Formular zur Akkreditierung im Accountaccount im Internetz, vermutlich auch in Rumänien. Die telekom als deutsches Unternehmen und die Gastarbeiter vom Ausland her, die den Support zuverlässig abwickeln. Rumäniens schönste Töchter haben nicht schwarze Haare, rotlackierte Fingernägeln und Feuer speiende, funkelnde Augen, sondern tragen „magenta“.

Sie macht business support für Geschwätzkunden, Abteilung „schweres Geschäft“. Alle ihre Kolleginnen hat sie schon befragt und was ich handschriftlich ausgefüllt hatte, könne sie nicht lesen. Ich bin erst ein bisschen aggressiv und sage ihr warum ich Formulare von telekom so akribisch, ja pedantisch genau ausfülle. Sicherheitshalber, nämlich.

Man soll das Formular ausfüllen und an eine Faxnummer senden, stand da. Das war schon mal das erste Problem im Web 2.0. Druck es aus, füll es aus, unterschreibe es, faxe es wieder zurück: Stand der Technik ist das nicht (mehr), überholt. Wir reden über den Zugang zur Online-Schnittstelle der telekom, Abteilung Geschwätzkunden „GK“.

Die Druckqualität ist bereits lausig. Denn die Schriften sind erstens viel zu klein, um sie überhaupt zu entziffern (+50), zweitens grau, nicht schwarz. Unlesbar schon der Vordruck. In jedem solchen die „lauernden Fußangeln“, die bereitwilligen Globalisierungs-Freistellungserklärungen und die abschließende Unterschrift als „Signatur wider den eigenen Willen“. – In fünf Jahren werden sie in einem Prozess mit irgendeinem Kunden sagen: „Sie haben uns das Einverständnis erklärt.“ Hatte er? Er hatte es weder lesen können noch wollen, er wollte damals „Mehrwert“. Etwas zum Nutznießen.

Sie hat so ein schönes rollendes RRRR in ihren Worrrtschätzen, schätze sie ist Rumänin. Ich schätze Rumänien, warum hat die telekom am Telefon rumänische Computerinder? Inder Tat, merkwürden. Gut, ist nicht meins. Aber ich mag Lisbeth, das sagte ich schon.

Das Formular ist grau. Besser gesagt grauenhaft.

Niemand hat heute noch Kugelkopfschreibmaschinen der Fa. IBM herumstehen, um ein Formular aus dem Internet  auszudrucken, es lesbar auszufüllen und dann das Thermofax anzuwerfen, um es zuzufaxen. Dies wäre „Crossmedia“ und gilt unter Reinlichkeitsfanatikern in der IT-Welt als verpönt. Pdf-Formulare, das sagt ja schon das Wort, müssen ausfüllbar sein. Kürzlich habe ich ein richtiggehend, gutgestaltetes Formular bei der Verbraucherzentrale Hamburg gesehen, das war so schön und gutgemacht, das habe ich mir für den Ideenstiebdahl (! 😉 !) aufgehoben als „Erika Mustermann“ in meinem Giftschrank „Vordruck- und Formularwesen“.

Bei telekom sind derartige Gedanken noch nicht angekommen. Ich wählte den Stift zu schreiben, was ich -des händischen Schreibens inzwischen überdrüssig- auf Papier krakeln konnte, in kindlichen Buchstaben. Sie sagt, man hätte es auch in Druckbuchstaben machen können. Haha. Hätte. Wenn man gewollt….

Liesbeth kann man nichts Schlechtes nachsagen, denn wie sie sich bemüht und auch die selbstverständlichen Kleinigkeiten nochmal kurz darlegt, da ist man „sprachlos in Charlottenburg“. Sie ist nett. Ich übersetze, was ich schrieb, damit sie es versteht. Sie erklärt haarklein all ihre Anliegen, die sie mit meinen schriftlichen Vereinbarungsverträgen zu tun gedenkt und ich ….bin befriedigt.

Sie ist nett, die Liesbeth, und ich befriedigt. Was will ich mehr: Sie ist eine positive Ausnahme im Unternehmen telekom. Weswegen ich auch in einer Art und Weise zu kompliziert war und lauter Fallstricke eingebaut hatte. Das hat geklappt. Ich habe mich nicht über den magentafarbenen Kamm scheren lassen, sondern Rückfragen produziert, die sie zum Rückruf veranlassten. Soviel Zeit muss sein….

Ob das Projekt allerdings einen echten Mehrwert bringt? Wir werden sehen. Wir lesen uns noch.

 

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