1695/13: Das Leben der Anderen: Wir fliegen beide durch die Nächte, segeln durch den Tag….. ♪♫♪

Das Leben der anderen...

Geschäftsmodell: Eintagsfliege (Foto: Rigo Meyer)

Geschäftsmodell: Eintagsfliege (Foto: Rigo Meyer)

 Ein Bienchen für korrektes „Lärm melden“ erhält heute eine namentlich ungenannt bleibende Mieterin aus Berlin-Wedding von der Redaktion von gesichtspunkte.de – Ihr Brief, Ihre Beschwerde schaltet ein erfrischendes Kopfkino an von der Idee, dass es sich lohnen müsste, in Berlin zu leben. Mit all diesen verrückten Schrägheiten, individualistischen Einzelschicksalen und dem gelungenen „Menschenmix“, von dem, wer liest, eine Ahnung bekommen kann…

Zielfinder: Hausfriedensstörung: Wie aber eine Lösung bzw. eine Auflösung finden für eine eingehende Beschwerde über die Störung des Hausfriedens? Ulla Meinecke: „Am Anfang war ich sicher, dass ich sie nicht mag.“ So weit, Überschrift und Fortsetzung hier links sind aus „Die Tänzerin“ von Ulla Meinecke, einem Song, den sie gemeinsam mit dem „deutschen Paten des Soul“ Edo Zanki in den Achtzigern aufnahm. Sehr sparsam instrumental begleitet, aber mit einer puristischen Großartigkeit, dass es einem schwindlig wird. Kein windiges Ding, ein Song von großartiger Größe, Ausdruck und mit einem Anflug vom „Stolz italienischer Frauen“ (Albumtitel). Ach, Ulla, Du hast immer so schöne Alben gemacht. Sie „graue Eminenz der Plattenindustrie“, immer für mindestens 100 bis 200.000 Plattenverkäufe gut, hatte es geheißen. Aktuell erinnert sich der pflichtbeflissene Hausverwalter musikalisch, wenn es irgendwo in Berlin-Wedding emotional brennt. Auszüge aus einer (redigierten) Email an die Hausverwaltung:

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Die Tänzerin – Ulla Meinecke (via Youtube) (via Youtube)

Mähähhhhhh….: Die mit einem (*) gekennzeichneten Details wurden aus „Tatenschutzgründen“ verändert. Schließlich güldet Tatenschutz in Deutschland ja weltweit. Gemeldet wurden uns die Taten aber nicht vom Tatenschutzbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Schaf.

(nachfolgend Zitat aus einer Beschwerdeemail an die Hausverwaltung)

Seit April 2012 wohnt Herr Vom Underberg (*) in der Sansibarstraße 29 (*), im Hinterhaus, 1.OG links. Er ist ein sehr lebendiger Nachbar, welcher gerne laut Musik hört.
Meist ist allerdings nicht die Musik das Problem, sondern der Bass. Durch diesen vibriert mein Fußboden mit meinen Möbelstücken, was sehr belastend ist. Oft erstreckt sich der Lärm über den Tag verteilt, wobei es meist in den Abendstunden bis ca. 1.30 Uhr sehr laut ist (unabhängig von Wochentagen).

An Wochenenden ist dies regelmäßig bei Partys der Fall, welche mitunter bis 6 Uhr gehen.
Anfänglich konnte ich mich persönlich mit ihm einigen und er drehte die Musik leiser bzw. schaltete den Bass aus. Mittlerweile ist dies leider nicht mehr möglich, er begegnet mir mit Ignoranz und abwertigen Blicken.

Tse tse, machte die Fliege und schwirrte verächtlich davon… 🙂 (die Redaktion)

Hinzu kommt, dass seit Mitte Januar 2013 in der Sansibarstraße 29 (*), im Hinterhaus, 3.OG links Frau Lukaschenko (*) wohnt. Sie ist Tänzerin und übt zuhause, meistens am Nachmittag und in den späten Abendstunden. In den letzten Nächten sogar zwischen 3 und 6 Uhr. Als ich sie darauf ansprach meinte sie, es wäre ihr Beruf und sie müsse üben, es ist ihr egal wenn ich für mein Staatsexamen lernen müsse.

„Kind, wie war es denn bei deinem ersten Ausflug in die Menschenwelt?“ fragt interessierte die Mutter Mücke. „Ach, ganz toll, Mami, ich hab unendlich viel Beifall und Zuspruch bekommen“ antwortet Kind Mücke, überall wo ich hinkam schauten die Leute mich erst an und dann klatschten sie ganz heftig in die Hände.“ Bssssss…….

Mir ist durchaus bewusst, dass es sich um ein Altbau – Haus handelt und es dadurch hellhörig ist. Da ich aber Zuhause aufgrund meines Studiums sehr viel lernen muss, belastet mich diese Situation und der dadurch entstehende Schlafmangel zunehmend.
Daher bitte ich sie, Frau Lukaschenko (*) und Herrn vom Underberg (*), sowie deren Vermieter zu informieren, damit eine friedliche Lösung gefunden werden kann.

Auszug aus „Die Tänzerin“ (von Ulla Meinecke/Edo Zanki)

Du bist die Tänzerin im Sturm
Du bist ein Kind auf dünnem Eis
Du wirfst mit Liebe nur so um dich
Und immer triffst du mich

Wir fliegen beide durch die Nächte, segeln durch den Tag
Inzwischen bin ich sicher, du weißt, daß ich dich mag
Jetzt sitze ich hier neben dir, wir fahren durch die nasse Stadt
Ey, komm, jetzt fahr’n wir deinen Tank leer!
Bis es ausgeregnet hat

Du bist die Tänzerin im Sturm
Du bist ein Kind auf dünnem Eis
Du wirfst mit Liebe nur so um dich
Und immer triffst du mich

Die Beschwerdeführerin schreibt weiter: Ich habe bereits begonnen ein Lärmprotokoll zu führen, welches ich Ihnen gern monatlich zusende.

♪♫ Ich liebte ein Mädchen in Wedding, die wollte immer nur Petting ♪♫ – Ingo Insterburg in „Ich liebte ein Mädchen“

Über eine schnelle Bearbeitung und Lösung dieses Problems würde ich mich sehr freuen.
Bei Fragen stehe ich gern per Mail zur Verfügung.

(Ende)

Die Hausverwaltung hat die Beschwerde mit Interesse gelesen. Je genauer ein Beschwerdebuch und umso größer „insistierende Intension“ in der Beschwerdeführung, desto weniger wirken Beschwerden. Hausverwalter sind keine „Laienrichter“ mit Parteinahme für ein bestimmtes Beschwerdevorbringen. Erst recht kann in der Lebensführung eines Menschen im Allgemeinen dessen Verwerflichkeit schon genau verortet werden. Hier gilt das hanseatische Prinzip des „gezielten Understatements“. Im Kern sind Hausverwalter mit derartigen Beschwerden oft überfordert. Die Abwägung, was wichtiger ist: Hier das Examen oder dort der Tanz der tibetischen Tempeltänzerin im Bereich ihrer daneben liegenden Mietwohnung, kann vom Hausverwalter nicht beurteilt werden. Hausverwalter können nicht tanzen. Dass er in diesen „Zwist“ hineingezogen werden soll, ist erst einmal nicht naheliegend.

Aus den Schilderungen des Beschwerdeführers zeichnet sich ein Bild von Befindlichkeiten des Beschwerdeführers. In wenigen Fällen ist Beschwerdeführung ein pures Abbild des Tatsächlichen. Es überlagert sich mit Subjektivem, das als schlicht „unerträglich“ empfunden wird. Ob jemand objektiv gegen die Hausordnung verstößt, ist eine individuelle, rechtliche Einordnungsfrage. Und wo sind die Stimmen der Anderen, die rechts, links, oben und unten neben der Beschwerdeführerin, dichte bei der Tänzerin und unter dem Diskjockey Herrn vom Underberg wohnen? Warum beschweren sich die nicht gleichfalls? Du bist nicht alleine auf der Welt in einem Haus mit als 50 Wohnungen, einem innenliegenden Innenhof und vier Gebäudeteilen, die aufeinander zulaufen. Das ist auch tröstlich: Du bist nicht allein. Oder doch?

Hier werden viele Wohnungen von vielen unterschiedlichen Vermietern verwaltet. Die Vermutung liegt nahe, dass jeder Vermieter unterschiedliche Hausordnungen verwendet. Deren individuelle Durchsetzung obliegt dem Vermieter, in diesem Falle dem vermietenden Wohnungseigentümer. Nicht der Hausverwaltung. Die Beschwerdeführerin ist Mieterin eines (anderen) Eigentümers. Dass sie sich irrtümlich an die Hausverwaltung wendet, ein Fehler. Dass sie sogar die Kommunikation mit ihr „ausschließlich nur per Email“ zulässt, schließlich ein Indiz dafür, dass sie auch nicht reden will. Sondern schreiben.

Und die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft kann jedes erdenklich goodwill an den Tag legen: Aber schreiben wird sie dieser Beschwerdeführerin definitiv „nichts“. Sie ist dafür nicht zuständig.

Weiter arbeiten…oder „Essen für den Hausfrieden“ ….

 (EP)

2 Gedanken zu „1695/13: Das Leben der Anderen: Wir fliegen beide durch die Nächte, segeln durch den Tag….. ♪♫♪

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