1609/12: Erbsenzähler: Die „Öffentliche Anfrage des Tages“ zur überflüssigen Doppelarbeit in der Berliner Verwaltung

Erbsenzähler: Die Öffentliche Anfrage!

Beim Umzug von Berlin-Zehlendorf nach Berlin-Charlottenburg machen sich die Umzugshelfer für ein investitionsfreudiges, bürgerfreundliches und schlankes Unternehmen Berlin unbeliebt: Die Wiederholung von (weitgehend sinnfreien, doppelten und überflüssigen) Ummeldeprozeduren an verschiedenen Stellen ist wieder mal gang und gäbe. Bürger, die aus Berlin wegziehen, sind erleichtert, diesen Moloch hinter sich zu lassen. Bürger, die in Teilaspekten noch bleiben müssen, schimpfen über den räudigen Kasernenhofton der Behördenkorrespondenz. Eine Kurzbeschreibung. Und eine Polemik.

Ganz allgemein gesagt beschweren sich die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst zumindest in Berlin sehr gern lautstark über permanent hohe Arbeitsbelastung und Druck, zu viel Arbeit. Dass dieses allerdings hausgemacht sein kann, erweist sich eher im konkreten Einzelfall. Schon droht wieder eine allgemeine Vereinfachungskommission. So wie z.B. in der Frage der Gewerbeummeldung. Der ganze Ton ist räudig und frech, überheblich und nassforsch. Dabei ist die Frage ganz einfach und das Stellen dieser Frage heute per Telefon hat nichts gebracht, es war schlicht nicht möglich, es telefonisch zu klären, sie lautete….

Von nun an geht´s bergab!

Von nun an geht´s bergab!

Warum ist es eigentlich erforderlich, dass Gewerbetreibende sich beim zuständigen Wirtschaftsamt ummelden müssen und inwiefern ist hier das Ordnungsamt tatsächlich zuständig, wenn der Gewerbetreibende selbst sich bereits rechtzeitig beim zuständigen Handelsregister der Stadt Berlin umgemeldet hat, also die Sitzverlegung der Gesellschaft bereits pünktlich und ordnungsgemäß notariell erfolgt ist? Warum ändert nicht, mit einem Mausklick, das Amtsgericht (Handelsregister) den Adressdatensatz. Es geht um eine neue Anschrift. Um nicht mehr und auch nicht weniger.

Ja, die Antwort ist nicht so einfach. Rechtlich ist wohl seit längerem eindeutig, dass ein deutscher Staatsbürger im Bereich der deutschen Gerichtszuständigkeit an jedem unzuständigen Gericht innerhalb Deutschlands seinen Klageschriftsatz einreichen kann. Für oder gegen was auch immer.

Also kann beispielsweise der Berliner Wohnungseigentümer durchaus beim Amtsgericht Kempten/Allgäu die Klage- bzw. Anfechtungsschrift fristwahrend einreichen. Das Gericht ermittelt, erklärt sich für sachlich unzuständig und schickt die entsprechenden Schriftsätze an das Amtsgericht Berlin weiter. Dort wird ermittelt, in welchem Bezirk die Immobilie liegt, wegen der die Klage eingereicht wurde, denn zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Immobilie liegt.

„Mein Vater sagte immer: Erhebe nicht deine Stimme, verbessere deine Argumente“ (Rev. Desmond Tutu, Friedensnobelpreisträger)

Für Wirtschafts- und Ordnungsämter, die hier im Bereich der Öffentlichen Verwaltung leben und arbeiten, gelten diese Grundsätze ordnungsmäßigen Handelns durch rechts- und fristenwahrende Handlungen nicht. Hier wird die  Sache nach verschiedenen Gesichtspunkten und Kriterien umfrisiert, bis der Bürger am Ende die Arbeit hat und die verschiedenen Beamten der Stadtverwaltung Berlin noch zusätzlich obendrauf. Unternehmen Vollbeschäftigung. Unternehmen Verwaltung Berlin! Haha…

Vorhaben, Vernetzung, Öffentliche Verwaltung, Verschlankung, Rationalisierung: Pustekuchen. Quark.

Was würde wohl passieren, wenn dieser Gasunfall, den alle stets befürchten, die Formularkammer des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf heimgesucht hätte? Tja, alle uringelben Formulare weg, Gewerbe-Ummeldungen nach § 14 GewO oder §§ 55 c GewO nicht mehr möglich. Ach, es wär wohl das Paradies. Die Wirtschaft florierte und niemand hätte mehr die Absicht, vor die Wirtschaftstätigkeit in Berlin eine (weitere) Mauer aus Formularen….

Am Ende streitet die Verwaltung hier mit dem Bürger, anstatt bescheiden, auf den Punkt und zielstrebig nach Verwaltungsvereinfachung zu forschen und die Abschaffung überflüssiger Behördengänge zu forcieren.

Der Sachbearbeiter kann die Frage nicht beantworten. Oder er redet dämliches Zeug. So in der Art „Lesen sie doch mal die Gewerbeordnung!“ Jaja, das war nicht die Frage: Wir haben doch in Deutschland immer gesagt, dass Gesetze und Verordnungen nur dann rechtens sind, wenn sie sich auch gehören. Sie, meine Bearbeiterin, hört dann aber schlicht nicht zu. Weil es zu lose ist, zu wenig Form besitzt und weil man Sachen nicht fragt, wie dieses „Warum?“

GewA 2 - Gewerbeanmeldung Formular der Verwaltung Berlin

GewA 2 – Gewerbeanmeldung Formular der Verwaltung Berlin

Sie sagt was von, „Sie haben doch Internet, oder? Dann gucken´se ins Internet und lesen `Se die Gewerbeordnung.“ Der Mensch will aber nicht lesen, sage ich. Irgendwo in nutzlosen, aber (leider) nicht netzlosen Webseiten, die geduldig sind, aber auch dämlich. Der Mensch ist nicht in erster Linie Bürger und dafür da, seinem Staate zu gefallen. Richtig ist es umgekehrt, wie jeder weiß. Eine Ausnahme von diesem breit aufgestellten Basis- und Fachwissen stellen die öffentlich Bediensteten dar. All diese Beamten und öffentlich Bediensteten: Sie sind einfach nur gerecht, tätig ausschließlich im öffentlichen Interesse. Was sie sagen, spiegelt das öffentliche Interesse wider. Richtig, ausgewogen und niemals ungezogen oder von Zweifeln durchflutet. Es tutet. Sie müssen derlei auch nicht wissen, weil sie zu ihrer eigenen Versorgung und zum Überleben im Kokon eines Versorgungsstaats (zu) festangestellt sind und teils sogar verbeamtet, was man nicht anders als schlimm zu bezeichnen hat. Wat ma hat, dat hat ma….in diesem Fall mit grüner Abgas-Sonderplakette für die Umweltzonis! – Ob diese der Umwelt etwas nützt, ist nicht die Frage: Es zählt allein, dass es sie gibt und dass eine Vorschrift sie in gesetzlichen Normen hält. Sie ist. Bis die Vorschrift weg ist. Dann wird sie unwichtig, für immer.

Deswegen: Diskutiere nie mit Beamten, das sind die, die alle Argumente verka(n)nten!

Das Ausfüllen von in uringelb gehaltenen, zu klein gedruckten Formularen („Bitte ggf. Beiblatt beifügen“ – Beiblatt bleibt Beiblatt!) ist wider die Natur des gewöhnlichen Menschen und erfüllt nicht den Sinn dessen Lebens. Deshalb die öffentliche Anfrage meinerseits: Warum wird diese überflüssige Doppelarbeit nicht abgeschafft zumindest für solche Personenkreise, die im Rahmen darüber hinausgehender Verpflichtungen Sitzverlegungen ohnehin schon den örtlichen öffentlichen Verwaltungsstellen angezeigt haben? Warum müssen diese dieses mehrfach tun?

Alternative: Die Vorschrift einfach abschaffen. Wir sind sehr gespannt: Wie lange brauchen nun die Verantwortlichen, das zu reorganisieren. Noch einmal: Für diese unsinnige Doppelbeschäftigung (Bestsellertitel: Mein Doppel-Ich – Susanne Fröhlich hat diesen Buchtitel noch nicht schützen lassen) kann die Verwaltung künftig getrost Verzicht üben. Im Berliner Landesstellensprengel ließen sich so mit Sicherheit ca. 30 bis 50 Mitarbeiter berlinweit einsparen. Vom Registergericht würde nur eine Datenweitergabe eingerichtet werden müssen, die erkennbar in keinster Weise gegen datenschutzrechtliche Kriterien verstößt. Unternehmen Verwaltung: Berlin, denk nach! Und organisiere deine Arbeit bitte so, dass derartige „doppelte Lottchen“ einfach abgeschafft werden. Bitte schnellstens.

(EP)

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