Auschwitz-Birkenau (Historienfoto)

1575/12: Positionen: Toilettenregeln, Tod, Deutschland und youtube-Sendungen über die Herkunft von Adolf Hitler #yelp

Auschwitz-Birkenau (Historienfoto)

Auschwitz-Birkenau (Historienfoto)

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland
sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel
er trifft dich genau.
Paul Celan (* 1920 – + 1970)

Fünf Sterne deluxe für ein Vernichtungslager, aber es müssten Judensterne sein. Alles andere ist nicht angemessen. Als ich mal dort war, in Auschwitz-Birkenau, hat es mir nicht gut geschmeckt. Es blieb mehr als ein im Vergleich zu banaler, bitterer Nachgeschmack. Überrascht war ich nicht. Ich hatte damit gerechnet.

Zu gut hatte ich jedes Detail des deutschen Nationalsozialismus von vielen, verschiedenen, nie ausgewogenen Seiten beleuchtet. Mit den Leugnern, Zweiflern und mit Menschen, die sich wie ich nichts Vergleichbares hätten vorstellen können. Ich hatte immer verstehen wollen: Wie hatte es so kommen können? Das Deutsche Reich in Perfektion: Eine arische Tötungsmaschine, deutsche Perfektion, made in Germany, im Reich der Wurm des Unerträglichen. Und Hannah Ahrendt hat den Hauptbuchhalter der Reichsgasverwesung Adolf Eichmann im Prozess beobachtet und die von ihm ausgehende Banalität des Bösen.

2 be A champion in Auschwitz? Nein, danke!

2 be A champion in Auschwitz? Nein, danke!

Wäre die Zeit, die verstreicht, ein Fluidum, in dem Menschen mit der Zeit klüger werden?

Wir schauen immer etwas hochmütig zurück und lächeln über zeitgeistige Angelegenheiten, verstrichene Zeitepochen wie z.B. Biedermeier, Barock, Gelsenkirchener Barock, Pilzkopffrisuren, Schlaghosen, Afrolook und vieles andere.

Der Nationalsozialismus ist in Deutschland aus der Mode gekommen. Die ihn noch hegen, dürfen wir nicht belächeln, nicht hochmütig noch süffisant, wir müssen diese Irren ernst nehmen. Sie sind und bleiben gefährlich, wenn sie auch dumm sind, erkennbar dumm. Aus deutscher Weltkriegsnachgeschichte blubbert auf geschichtslos gebliebenen Straßen im Beitrittsgebiet der deutsch-deutschen Wiedervereinigung brauner Morast hoch. Er ist ohne genauere Kenntnis von der Geschichte 1933 bis 1945 entstanden und die sich auf  rassistische Abgrenzung berufen, handeln ohne schlechtes Gewissen. Gewissen kommt von Wissen. Gewissen braucht auch Mitgefühl und Empathie, Einfühlungsvermögen in das unerträgliche Früher. Nichts wissen macht nichts, deswegen sind die großdeutschen Amplituden dummdreister Rechtsradikaler so gottvergessen. In Auschwitz finden wir diese Menschen nicht.

Dabei hat Deutschland traditionell besseres vorgehabt, früher. Ein schönes Land zu jener Zeit. Seit 1933 wurde unter Regierungsverantwortung die Rolle Germaniens umchiffriert: Dass der Tod ein Meister aus Deutschland ist, hat vor längerem Lea Rosh zum Titel einer Dokumentation über den Holocaust gemacht und ein Gedicht von Paul Celan ordnungsgemäß gebraucht, wie ich finde. Als ich sie einmal am Flughafen traf, habe ich ihr das gesagt. Sie war sehr erfreut, dass jemand so zufälliges wie ich sich an diesen Aspekt ihres Schaffens präzise erinnert. Die Todesfuge als Titel jener Dokumentation war meine Eselsbrücke, mich daran noch viele Jahre später erinnern zu können.

Später haben Zankfrüchte (Äpfel) Lea Rosh gescholten. Sie hat gleichwohl durchgesetzt, dass es in Berlin ein Stelenfeld zur Erinnerung an die Opfer des Holocaust gibt. Wenn sich heute dort einige gern fotografieren lassen oder Skateboard fahren, war das natürlich so nicht gewollt. Das sind die, die nicht fühlen bzw. wissen, was gewesen ist.

Mein Besuch in Auschwitz-Birkenau war noch einmal ein Stempel drauf, eine Art Verstärkung meines fundamentalistischen Weltbildes, wonach derjenige, der Andersartige ins Gas schickt nichts anderes als das verdient hätte. Wäre ich nicht zutiefst gegen Vergasung und biblisch motivierte Rache. Auschwitz-Birkenau, eine tiefe Erinnerung an das braune Deutschland gewissenloser, hässlicher Geister. Aufzählung derjenigen, die Täter waren, ist namensmäßig unmöglich. Anders ist es mit den Opfern, so wie beispielsweise die Verlesung der zu Tode gekommenen an der Jüdischen Gemeinde Berlin in der Fasanenstr. . Schauerlich. Zum Weinen. Und wie schön die Tradition, an die Opfer gewissenhaft zu erinnern.

Nein, ich werde mich nie daran gewöhnen. Unlängst stellte ich via youtube eine Fernsehdokumentation über die Herkunft von Adolf Hitler ins Netz. Wie oft dieses Video angeklickt wird, erschraken mich in erster Linie die dümmlichen, kreuzdämlichen Kommentare von Leuten, die nie Arbeit am Vergangenen abgeleistet haben. Die Leute im Internet fühlen sich sicher und sie sagen Sachen daher. Dann steht da Beton. Ich lösche diese Kommentare und lasse mich von Giftverspritzern beschimpfen dafür, ich sei ein Zensor. Na und? Dann bin ich eben einer. Wir sind das dem Respekt ggü. den Millionen Opfern schuldig.

„Das ist das Schwerste: sich verschenken
und wissen, dass man überflüssig ist,
sich ganz zu geben und zu denken,
dass man wie Rauch ins Nichts verfließt.“
Selma Meerbaum-Eisinger (* 1924 – + 1942)

Auschwitz-Birkenau, „Verhalte Dich ruhig“ steht dort auf den Toilettenwänden geschrieben. Ich schrieb meine Erinnerungen an den Besuch auf – ich habe geweint um  die Opfer, deren Haare, Brillen und Schuhe vor mir aufgetürmt herumlagen. Nie wieder das, Du unsäglichste aller deutschen Epochen! (Artikel hier)

Aus zutreffendem und gegebenem Anlass möchte ich auf die Arbeit des Schweizer Musikers David Klein hinweisen, über die sich alle informieren können. Klein hat mit einer Vielzahl von bedeutenden, bekannten, deutschsprachigen Künstlern das Album „Selma – Ich bin in Sehnsucht eingehüllt.“ mit Gedichten der jüdischen Lyrikerin Selma Meerbaum-Eisinger vertont. Die Gedichte der früh verstorbenen, talentierten Jungdichterin jagen einem Tsunamis schauriger Schönheit über den Rücken, im Volksmund: Gänsehäute. Hört mal rein, ein Zugewinn:

http://www.selma.tv

P.S.: Mit Schreck las ich von der Möglichkeit, Champion in Auschwitz zu werden, indem ich mich hier oft genug einchecke. Ich gebe zu, ich habe auf diese Möglichkeit gern verzichtet.

Weblotse

(Dieser Artikel erschien gekürzt auf yelp)

 

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