Stop stalking: Durchschnittliche Stalking-Fälle dauern 28 Monate: Was ist eine „persona non grata“?

Stop Stalking - Nachbarn

Stop Stalking - Nachbarn

Ein durchschnittlicher Fall von Stalking dauert 28 Monate, weiß Jens Hoffmann vom Deutschen Institut für Psychologie und Sicherheit zu berichten. Wenn dies der Durchschnitt ist, stellt sich die Frage, warum derartige Fälle so lange dauern? Liegt es daran, dass der relativ neu geschaffene Stalking-Tatbestand erst seit 2007 auf dem Markt der prüfungsfähigen Straftaten bekannt ist? Das vielleicht auch.

Die vom Stalking betroffenen Menschen scheuen sich eventuell, den Fall als Straftatbestand anzuzeigen. Und wenn sie ihn anzeigen, heißt das noch lange nicht, dass der geschilderte Fall auch als Stalking begriffen wird. Das er erkannt wird als Stalking.

Die einen stalken auf eine offensichtlich gewalttätige Art und Weise: und wir nehmen an, es handelt sich hier um leicht nachweisbare Fälle, um Sachverhalte, die für alle bürgerlich eingestellten Menschen nachvollziehbar und transparent sind. ‚Hat er ihnen aufs Maul gehauen?‘ fragen die Mitarbeiter der Polizeiwache rüde den Anrufer. Nein, also wenn nicht, wo ist das Problem? Genau das ist aber nicht das Problem: Einem Stalker für sein Stalking eins „aufs Maul“ zu hauen, ist zwar vorstellbar, aber keine Lösung. Der Stalker selbst baut gern auf den Rechtsstaat und lebt in einem Kokon der vermutlichen Legalität, den er sich gezielt zunutze macht. Wer ihm „aufs Maul“ haut, hat schnell den Rechtsstaat gegen sich. Der Rechtsstaat schützt den geschlagenen Stalker als Opfer, weil er viel zu lange braucht, ihn als Täter zu entlarven. Stalker sonnen sich gern längere Zeit in der Unschuldsvermutung. 

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Stalking spielt sich auf unterschiedlichen Intelligenz-Ebenen ab, die vom Profil und dem Wesen des Täters abhängen.

Der intellektuell verbildete Stalker, beispielsweise, betätigt sich mit subtilen, öffentlich kaum bemerkbaren Verhaltensweisen. Hier muss der Rechtsstaat überhaupt erst einmal verstehen, warum was der tut, Stalking sein soll?

Politiker haben sich diesen Straftatbestand ausgedacht, weil sie nachdenkliche Menschen sind. Und nun muss das Heer der deutschen Beamten mit diesem Tatbestand arbeiten. Politiker sind eine Sorte Mensch und Beamten (Exekutive) eine ganz andere, und die sagen schon mal, sie hätten zu wenig Personal für so was, und was die da oben -z.B. die Politiker- überhaupt wollen?

Beispielsweise Psychoterror, Briefe, SMS, Mitteilungen schreiben, die das Stalking-Opfer als bedrohlich auffassen muss. Oder?  „Der ist schlicht verrückt“, könnte eine unempfindliche Person sagen, die ermittelt. Oder „der hat zu viel bewusstseinserweiternde Drogen geraucht“, oder „der schiebt die Schuld für sein eigenes Versagen immer auf andere, und nun auf sein Opfer.“ Dies alles sind Rationalisierungen von Menschen, die sich keine genaue Vorstellung davon machen können, wie ein Stalker unter seinem triebhaften Tun leidet, selbst wenn er immer wieder glaubt, Glücksgefühle zu empfinden. Für die Opfer, so wird gesagt, muss ein „Attest“ her, dass die körperliche Versehrtheit bescheinigt, weil der Stalker seine Handlungen vorgenommen hat, oder weil er sie -insbesondere- fortzusetzen beabsichtigt. Allerdings ist tagtägliches Stalking auch für den irrsten Stalker äußerst anstrengend. Denn Stalken muss gut durchdacht sein, permanent ausgeübt werden und den Gestalkten in eine möglichst große persönliche Notlage bringen. Dafür braucht es viel Zeit, ständiges auf der Hut sein und rascher Handlungen, wenn der Gestalkte das Treppenhaus zufällig betritt, wo der Stalker ihm begegnen will.

Ein Attest eines Neurologen oder Psychiaters wäre in diesem Zusammenhang hilfreich, wird empfohlen, aber kann ein Stalking-Opfer tatsächlich zunächst 14 Therapiesitzungen vereinbaren, um dann eventuell ein Attest zu bekommen, das die unerträgliche Gesamtsituation bescheinigt? Was ist, wenn zu wenig Zeit dafür bleibt? Was ist, wenn Opfer mit ihrer Zeit auch schlecht auskommen, weil immer zu wenig Zeit da ist?

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Fest steht auch: Wer stalkt, geht mit seiner eigenen Umgebung (Freunde, Bekannte, Nachbarn) niemals wahrheitsgemäß um. Ein gutes Beispiel wurde uns dieser Tage berichtet.

In einer von Stalking betroffenen Berliner Familie hängte der Familienvater sehbare Verbotsschilder in den Vorgarten des Hauses, von der Öffentlichkeit nicht wahrnehmbar, aber von Besuchern des Grundstücks, auf dem sich der Stalker zu Unrecht eingenistet hat. Dort hieß es: ‚Stop Stalking„, Besucher des Hauses wurden auf einen Fall stalkingartigen Verhaltens gezielt hingewiesen. Selbst wenn sie selbst Gäste dieses Stalkers wären. Derartige Besucher wurden gebeten, bei dem Störenfried gezielt den Grund zu erfragen, wie es denn sein könne, dass er -der Herr X aus Berlin-K. (Bezirk)- „hier im Grünen“ so schöne Partys feiern dürfe, und das auch noch mehrmals die Woche? Jemandem, der ihn gefragt hat, hat gesagt: „Das ist eine andere Sache.“ Worüber er nicht reden kann. Um sein Opfer regelmäßig beschatten zu können, ist ihm jedes Mittel recht, sogar vermeintliche Freunde zu belügen, sie im Unklaren darüber zu lassen, warum sie hier und heute alle möglichst abfeiertechnisch Frohsinn und gute Laune versprühen sollen.

Ein Stalker, der sich seinen Partygästen gegenüber outet, würde Nachfragen riskieren, denn Menschen sind nicht dumm. Dürfe er denn das wirklich und wie sei denn die Geschichte, die dahinter steckt, die ihm derartiges ermögliche? Es sind Fragen, die Gäste stellen können, die nicht oberflächlich sind, sondern distanziert, ein bisschen aufmerksam und freundlich, aber vor allem nicht unkritisch oder undistanziert. ‚Warum feierst Du hier -in dieser absoluten Totenstille- lärmende Partys?‘ ‚Meinst Du nicht, dass Du mit diesen Partys die hier wohnenden Familien störst?‘ Und solche Fragen.

Das Wesentliche an dem Vorgang ist folgendes: Weitere, derartige ruhestörende Partys wurden nach dem Aushängen der Zettel sofort eingestellt. Und wenn Herr Stalking diesen Beitrag hier auf dieser Website aber rein zufällig lesen würde, der über sein Tun detailliert berichtet, so würde er am liebsten gleich wieder neue Partys veranstalten! Wenn da nur nicht das Risiko wäre, sich persönlich stellen zu müssen zu Stalking-Vorwürfen. Herr Stalking ist besessen von dem Gedanken, einem bestimmten Herrn, den er nicht mag, zu schaden, koste es, was es wolle. Eine Art psychopathischer Charakter.

In einem Brief erläuterte er das so: er droht seinem (vermeintlichen) Opfer, er werde „keinerlei Rücksicht auf seine verbliebenen familiären Bindungen nehmen„.

Die „verbliebenen familiären Bindungen“? Die minderjährigen Kinder? Die Ehefrau? Herr Stalking braucht dringend professionelle Hilfe. Und er muss sich warm anziehen, denn in Deutschland sind die Winter hart. Die Winter, das sind diejenigen Monate, in denen Dinge zur Erledigung gebracht werden. Richtig aber ist: Ein durchschnittlicher Stalking-Fall dauert 28 Monate, und -tschinderassabumm- wir rechnen schon nach, der uns bekannte Fall beginnt im August 2007.

Wir fassen zusammen:

Stalking ist ein heimlicher Akt ohne Mitwissen „der Anderen“, der Freunde, der nächsten Angehörigen. Für Stalking-Opfer noch dies: Die in diesem Zusammenhang ermittelnden Behörden werden oft und schnell mit Stalking-Beschuldigungen konfrontiert. Die Einstellung von Behörden-Mitarbeitern ist oft „zu schnell“ und „an den Haaren herbei gezogen“. Wer Stalking gegen sich behauptet, muss noch lange kein Stalking-Opfer sein. Behörden benötigen sehr viel Zeit, um die filigran ausgeworfenen Netze von Stalking-Tätern überhaupt zu verstehen oder nachzuvollziehen. Sie müssten in ihren Ermittlungsmethoden viel kreativer sein, aber wer damit keine Erfahrungen hat, der entwickelt nur ungern Fantasie, wenn es darum geht, numerisch geordnete Aktendeckel zügig abzuarbeiten, um den Schreibtisch wieder frei zu bekommen.

Die Ermittlungsbehörden benötigen kontinuierliche Informationen über die weiteren (tagesaktuellen) Verläufe einer Stalking-Geschichte. Niemand darf sich daher davon abbringen lassen, auch wenn Mitarbeiter der Behörden oft suggerieren, das bringe doch alles nichts und es dauere Jahre, und dann werde das eingestellt, derartige Vorgänge konsequent zur Anzeige zu bringen, auch mehrmals, step by step, jeden Tag, Indizien und Fakten auflisten (um den Stalking-Vorgang faktenmäßig zu untermauern).

Behörden müssen abwägen zwischen der Not eines Stalking-Opfers und der Freiheit eines (vermeintlichen) Täters, der sich gern auf seine Rechte beruft und auf diese auch ganz sicher pocht. Dass der Stalking-Täter am Ende überführt wird, hängt von der guten Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden zusammen und dafür braucht man schon ein dickes Fell.

Der Stalker kann sich viel weniger verstecken, wenn er seit langem als Person bekannt ist oder auch als „persona non grata„, aber das ist ein lästiges Fremdwort.

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2 Gedanken zu „Stop stalking: Durchschnittliche Stalking-Fälle dauern 28 Monate: Was ist eine „persona non grata“?

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