Zehn Jahre nach den Bauarbeiten ist die Luft raus – aus der qualifizierten Mängelbehauptung

Verwalter, Verwaltungsbeirat - genervt

Verwalter, Verwaltungsbeirat - genervt

Im Bauen hat die Wohnungseigentümergemeinschaft in Berlin-Neukölln ein eigenes Ermessen an den Tag gelegt. Es ging um die Frage, wie man mit außenliegenden, ungeschützten Laubengängen umgeht, die das Wetter nicht abriegeln. Laubengänge sind so eine architektonische Erfindung der fünfziger, sechziger Jahre. Vorn und hinten dran gepappt , sind sie den Wohnungen vorgelagert, die sich an diesem „Außenflur“ entlang ergießen. 1999 hatte die Gemeinschaft die Laubengänge und vieles andere instandgesetzt. Damals gingen die Diskussionen, wie immer in solchen Fällen, in grundlegendere Richtungen. Was ist eigentlich ein Laubengang? Dazu an anderer Stelle mehr.

Ein in der Baubranche beruflich tätiger Miteigentümer hatte seinerzeit gebeten, auch zu prüfen, inwieweit man die Laubengänge einfach komplett verglast, damit das Wetter nicht mehr herein schlägt. Denn im Winter beispielsweise bildet sich dort schon mal Eis auf den Trittflächen. Das war damals abgelehnt worden, weil es viel zu kostspielig war. Die Gemeinschaft hatte andere Probleme. Eine äußerst marode Vorverwaltungssituation mit Pleite derselben war gerade abgewendet worden. Für die nun festgelegten, viel geringeren Arbeiten mussten nichtsdestotrotz empfindliche Sonderumlagen gezahlt werden. Und es kam noch ein Nachschlag: Die Metallstützen der Balkongeländer stellten sich als konstruktiv angegriffen heraus. Alles in allem wurden locker 250.000,- DEM (Deutsche Mark) „verballert“. Die Baufirma ging übrigens kurze Zeit später pleite.

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Laubengang in einem Haus in Neumünster (Quelle: wikipedia)

Laubengang in einem Haus in Neumünster (Quelle: wikipedia)

2004 und rechtzeitig vor Ablauf der fünfjährigen Gewährleistung der (insolventen) Baufirma beauftragte die Verwalterin sicherheitshalber einen Architekten, in einem gezielten Mängeldurchgang nochmals festzustellen, ob die Einrede von zwischenzeitlich aufgetretenen Mängeln möglich sei? Der Architekt ging die vormaligen Baustellen-Details gezielt ab, fertigte dezidierte Mängelbefunde. Inzwischen meldete sich auch der Bauunternehmer, der zwischenzeitlich eine neue (unschuldige) Baufirma gegründet hatte, und forderte die Gewährleistungsbürgschaft heraus. Dass da ein Unterschied zwischen Firma X und Nachfolgefirma Y besteht, war auch dem wachen Verwalter aufgefallen. Die Mängelliste des Architekten wurde gezückt und es erfolgte eine Vereinbarung mit dem vormaligen Bauunternehmer, wonach dieser sich bereit erklärt, die festgestellten Mängel zu beseitigen, wenn ihm (persönlich) die Gewährleistungsbürgschaft nach vollständiger Erledigung zurück gegeben werde (bzw. seiner Bank). Alle Seiten waren zufrieden.

Schon seit mehreren Jahren, etwa seit drei, überlegt nun die WEG, ob sie die Treppenhäuser vor den Laubengängen mit Türen abschließt, insbesondere wegen der Unbilden kalter Jahreszeiten (Pfützenbildung, stehendes Wasser, Vereisungsgefahr, das Terrazzo des Treppenhauses zeigt erste Absprengungen). Und weiterhin gedenkt die WEG, den Fußbodenbelag der Laubengänge aufzurauen, um ihn rutschfester zu gestalten. Der Wohnungseigentümer Herr Driest (* geändert) sagt nun im August 2009 erstmals und vollkommen überraschend, die Laubengänge seien aber 1999 nicht richtig ausgeführt worden. Die Verwalterin hatte ihm Wochen zuvor die Altunterlagen zu dem Vorgang geschickt. Es sei keine Hochführung der Beschichtung des Fussbodens um ca. 15 cm (als Spritzschutz) ausgeführt worden, und es stelle auch einen Mangel dar, wenn die Laubengänge seinerzeit kein neues Gefälle bekommen hätten. Man könne daher an der Baufirma Regress nehmen, oder eventuell auch an dem Architekten, der dies abgenommen habe. Und dann könne man daher im Ergebnis kostenlos den Rutschschutz bekommen. Die Verwalterin ist sehr erstaunt: das ist ein ganz, ganz, ganz neuer Gesichtspunkt.

Aber aus seiner Sichtweise wird nichts, denn sie ist nicht richtig. Ausgeführt worden sind Leistungen, wie sie in Leistungsbeschreibungen dargestellt wurden. Es wurde auch nicht ausgeschrieben, Spritzschutz anzubringen oder eine Niveauveränderung (Gefälle) der Laubengänge durchzuführen. Beauftragt war nur die Beschichtung, und die wurde abgenommen. Ein Gefälle wurde nicht gefordert.

Man sieht an diesem Beispiel: Auch nach 10 Jahren kann sich keiner sicher sein, dass nicht morgen noch einer kommt, und eine Uralt-Bauarbeit, deren Entstehung, Begrenzung und Durchführung er seinerzeit noch keineswegs begleitet hat, schlecht redet. Oder es sind fünf Sachverständige mit sechs Meinungen involviert. Genau das hat der Verwalter jetzt gemacht. Er hat sich an verschiedene sachverständige Personen (Miteigentümer, Architekten) gewendet und diese involviert. Und das ist keine „unzulässige Einflussnahme“, sondern das gute Recht eines jeden Wohnungseigentümers und Verwalters. Denn nach § 21 WEG sind alle Wohnungseigentümer zur gemeinschaftlichen (Mit-)Verwaltung verpflichtet. Vor allem aber berechtigt.  Für die Gemeinschaft geht es gerade nicht darum, 10 Jahre zurück zu schauen. Denn sie braucht diesen Rutschschutz dringend vor dem nächsten Winter, und das schon seit Jahren.

Sachen gips, die gips ja gar nicht!“ (Eigene, gern benutzte Redensart, orthografisch nicht ganz korrekt)

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