In eigener Sache: Ich stelle mich vor! Intime Einblicke in mein bisheriges Leben

Ich selbst - 1960

Ich selbst - 1960

Die Menschen sind neugierig. Sie wollen wissen, was verbirgt sich hinter einer mausgrauen Website wie gesichtspunkte.de? Um diese häufig gestellten Fragen ein für allemal zu beantworten, ist die Redaktion zusammen getreten und plaudert nun ein bisschen aus dem Nähkästchen.

Schon 1960 habe ich als amerikanischer Wirtschaftswissenschaften-Student gedient. Das Foto zeigt mich als jungen Mann, damals noch mit Brille und streng nach hinten gekämmter Kurzhaarfrisur. Allerdings haben mich die Wirtschaftswissenschaften nicht lange interessiert und schon bald schaute ich mich nach anderen Studienfächern um.

Ich selbst - 1962

Ich selbst - 1962

Es war nur eine Frage der Zeit, und als ich 1962 Psychologie belegte, forderte der Professor von mir eine strikte Überarbeitung meines Aussehens. Der symbolischen Strahlkraft meines neuen Studienfachs folgend, lockerte ich daher den Haarschnitt etwas auf, und ließ mir eine leicht melierte Fönwelle drapieren. Die Welle sollte meine Dynamik symbolisieren und der Wunsch nach umfassender Veränderung erwachte in mir. Ich hatte zu lernen, wie Menschen sich lieben, wie Menschen sich streiten und schließlich auch, wie Menschen sich wieder vertragen würden, wenn es ihnen nur gelänge, direkt aufeinander zuzugehen. Der Professor lobte meine verbindliche Freundlichkeit, meinen Habitus als aufrechter Recke, der sich stets nur folgerichtig bemühte, den Dingen eine feste, Sicherheit vermittelnde Struktur zu geben.

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Ich selbst - 1966

Ich selbst - 1966

James Dean war 1966 schon längere Zeit mausetot. Und doch waren die Sechziger geprägt von ambivalenten Reminiszenzen an diese wunderbare Zeit der Autorennen, des Flirtens und der ausgelassenen Strandpartys. Wasserstoffperoxid verwandelte in den wilden Sechzigern eine große Anzahl mattbrauner Skalps in superblonde Gewinnertypen. Auch wenn ich mir selbst gar keine Vorstellung davon machen konnte, was ein Haarfarbveränderung mit sich bringt, so wenig werde ich die positive Ansprache meiner gesamten Umgebung in dieser Zeit niemals nicht vergessen können.

Der Psychologie wurde ich abspenstig und ich reüssierte wieder mehr Richtung Wirtschaft. Von New Economy war damals noch nicht die Rede, die Affäre um die Besetzung der Schweinebucht war lang vorbei und in Moskau regierte jetzt ein gewisser Leonid Breschnew, der als vierfacher ‚Held der Sowjetunion‘ ausgezeichnet war. Der galt als einfacher, aber farbloser Apparatschik. Überhaupt war diese Zeit stark sowjetlastig. Der Film ‚Liebesgrüsse aus Moskau‘ tat ein Übriges. Die ganze westliche Hemisphäre lehnte sich hiergegen direkt auf – und sei es durch geeignete Haarfärbung.

Noch gab es keinen Mann im Mond, denn die Mondlandung erfolgte bekanntlich erst 1969.

Ich selbst - 1970

Ich selbst - 1970

Ich lasse ein paar Jahre und Stationen der Weltgeschichte aus, um die Leser dieser Website nicht vollends zu langweilen und springe direkt hinüber -über die Mondlandung hinweg- in das äußerst bewegte Jahr 1970. Das war ein Jahr, ich sag’s euch. Am 1. Januar wurde Hans-Peter Tschudi Bundespräsident der Schweiz. Kaum noch einer erinnert das!

Am 19. März traf sich Willy Brandt mit Willi Stoph im Erfurter Hof, einem Hotel im gleichnamigen Städtchen. Dabei hatten beide weiß Gott nicht mal mehr den letzten Buchstaben ihres Vornamens gemeinsam. Es war eine aufrührerische Zeit voller Vektorizismen und Toxolasposen. Fidschi wurde unabhängig von Groß-Britannien, was haben wir deswegen persönlich die Sektgläser knallen lassen. Am 7. Dezember fiel „uns Willy“, der Erstgenannte oben, in Warschau auf die Knie und das war beileibe kein Ausrutscher. Diesem Kniefall hat Deutschland viel zu verdanken – ohne Scherz. Auch ich beschloss insgeheim, einen Kniefall zu wagen.

Ich war des Studierens schon seit langem überdrüssig, es hatte sich eine gewisse Schulmüdigkeit eingeschlichen. Der Website stupipedia.org zufolge teilt sich diese auf in phlegmatische, Gammel- und mobile Phase. ‚Kind, lern nichts, sonst musst Du arbeiten‘, hatte mir meine Mutter schon in frühen Kinderjahren gebetsmühlenartig mit auf den Weg gegeben. Nein, sie hatte es mir eingetrichtert. Und so beschloss ich, meinem Leben eine vollkommen neue Wendung zu geben. Ich wechselte in die Kosmetikindustrie und wurde Berater im Gard-Haarstudio. Ein gepflegtes Äußeres hatte der Studioleiter von mir verlangt, keinen lausbubenhaften, blondierten Kurzhaarschnitt mit James-Dean-Attitüde, eher etwas welliger, in Form gebracht mit Ondulationsstab.

Ich selbst - 1972

Ich selbst - 1976 - "the year of the cat"

1976: Ich brachte die Zeit dort nicht recht hin und wurde kreuzunglücklich. Wie ich in den Grundsemestern Tiefenpsychologie eingehend vermittelt bekommen hatte, brachte mich meine eigene Einstellung recht schnell wieder zurück zum wirklich Wichtigen im Leben: Authentizität. Die Blondierung wurde rück-retuschiert ins naturhaft braun Verträumte, ein elegischer Seitenscheitel auf der rechten Kopfhälfte rundete mein neues Selbstbild ab. Ich ließ mir männliche Koteletten stehen und wechselte nach eingehender Beratung von dem bisherigen Sondermodell auf ein Kassengestell der AOK, die in diesen Tagen derartige Gestelle noch ohne Zuzahlung des Patienten verschrieb. In meiner neuen Haut, im Hier und Jetzt, fühlte ich mich wieder pudelwohl. Ich beschloss, ernstere Dresscodes einzuhalten, um mir selbst ein Standing im Berufsleben zu ermöglichen.

Es waren wechselhafte Jahre, doch die Rest-Geschichte soll nun etwas abgekürzt werden. Es folgen noch ein paar Bilder aus den weiteren Jahren meines Lebens, das ich vor den Jahren führte, in denen ich schließlich einen bürgerlichen Beruf ergriff, der mich heute veranlasst, auf ein buntes Leben voller Haken und Ösen zurückzublicken. Nie werden die zurückliegenden Jahre sich noch jemals wiederholen. Nie wieder werde ich so viele Facetten meines Lebens wie einen ‚bunten Blumenstrauß der Möglichkeiten‘ vor mir hertragen können. Und daher war eine Rückschau auf mein bisher geführtes Leben doch sicher auch für den einen oder anderen Leser aufschlussreich.

Ich selbst - 1978 - You ain´t seen nothing yet

Ich selbst - 1978 - You ain´t seen nothing yet

Ich selbst - 1984 - bei Einführung des Apple MacIntosh

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Ich selbst - 1986 - IX. Parteitag der SED in Ost-Berlin

Ich selbst - 1986 - IX. Parteitag der SED in Ost-Berlin

Ich selbst - 1988 - VoKuHiLa

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Ich selbst - 1990 - Limahl-Frisur

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Ich selbst - 1992 - I´ve been looking for freedom

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Ich selbst - 1996 - meinen Wurzeln folgend

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Ich selbst - 2000 - In memoriam to Kurt Cobain

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Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Website yearbookyourself.com, ohne die ich diese Berichterstattung unmöglich hätte erschaffen können.
Ein Besuch ist empfehlenswert.
 

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